Brahms und das Naturhorn

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Brahms und das Naturhorn

Beitragvon klangwelt » So 26. Feb 2017, 18:03

Dass Brahms sich für die Aufführung seines Horntrios ein Naturhorn wünschte, wird allgemein gesagt. Allerdings wurde es auch zu seinen Lebzeiten schon auf dem Ventilhorn gespielt. Dazu gibt es ein Zitat von Clara Schumann nach einem Konzert im Winter 1866: "Dein Trio … hatten wir schön einstudiert, und der Hornist war vortrefflich! Ich glaube, er hat nicht einmal gekiekst, und das will doch viel sagen; freilich hatte er das Ventilhorn, zum Waldhorn war er nicht zu bringen."
Mich würde nun interessieren, wie es bei den Sinfonien aussieht. Wurden die Hornstimmen damals stets auf Ventilhörnern gespielt und gibt es dazu irgendwelche Aussagen von Brahms oder seinen Zeitgenossen?
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Re: Brahms und das Naturhorn

Beitragvon klangwelt » Di 28. Feb 2017, 18:34

John Eliot Gardiner ist jedenfalls offensichtlich für das Naturhorn:
https://www.youtube.com/watch?v=nHE5KbEUu9M&t=437s
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Re: Brahms und das Naturhorn

Beitragvon Peter » Mi 15. Mär 2017, 11:07

Es gilt als gesichert, dass Brahms das Naturhorn, bzw. die omnitonische Technik
(verkürzt: Das natuhorngemäße Spiel auf Ventilhörnern) bevorzugte. Er bedauerte den Wechsel zu den Ventilhörnern und nannte sie (so überliefert) abwertend
" Blechbratschen".Brahms 'sche Hornpartien klingen nicht zuletzt deswegen so schön, weil er sie nach den natürlichen Harmonien der Obertonreihen gestaltete, und somit in das "Herz" des Waldhornklanges traf.
Man möge mir meine romantische Auffassung verzeihen.
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Re: Brahms und das Naturhorn

Beitragvon klangwelt » Mi 15. Mär 2017, 15:35

Peter hat geschrieben:Es gilt als gesichert, dass Brahms das Naturhorn, bzw. die omnitonische Technik (verkürzt: Das natuhorngemäße Spiel auf Ventilhörnern) bevorzugte. Er bedauerte den Wechsel zu den Ventilhörnern und nannte sie (so überliefert) abwertend " Blechbratschen".

Was ist denn vor diesem Hintergrund von einer Aufführung einer Brahms-Sinfonie mit Naturhörnern zu halten? Sollte man das machen oder doch lieber auf dem Ventilhorn naturhorngemäß spielen? Gibt es sachliche Argumente dafür oder dagegen? Oder ist es einfach nur Geschmackssache?
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Re: Brahms und das Naturhorn

Beitragvon Alfons Vernooy » Mi 15. Mär 2017, 18:18

Meines Erachtens ist bestimmend für die Wahl ob man die Vorteile des Naturhorn tatsächlich benützen kann. Die rhetorische Möglichkeiten des Naturhorns sind klar überlegen, können aber nur benützt werden wenn das totale Klangbild des Orchesters das erlaubt, d.h. nicht zu Laut, feinsinnig aber wuchtig, transparent, usw.

Ich bin mit dem Naturhorn oftmals quasi ertrunken im Orchestergewalt das ich grundsätzlich nicht beeinflussen konnte. In diesen Fälle bietet sich die F-Seite des Doppelhorns und eine kluge Griffwahl als künstlerische Alternative an.

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Re: Brahms und das Naturhorn

Beitragvon klangwelt » Di 21. Mär 2017, 14:48

@Peter und Alfons: Danke für eure Antworten!
Ich möchte noch zwei Zitate zu Brahms und John Eliot Gardiner in die Diskussion werfen. Das erste ist eine Äußerung von Gardiner selbst zu seinen Brahms-Interpretationen: "Die Vorstellung, dass wir den »wirklichen« und »originalen« Brahms rekonstruieren können, ist natürlich eine Chimäre. Letzten Endes gilt unser Hauptinteresse der Frage, wie Brahms in unserer Zeit klingen kann – was seine Musik uns jetzt zu sagen hat."
Das zweite Zitat stammt aus einer CD-Kritik zur Einspielung der 4. Sinfonie: "John Eliot Gardiner’s Brahms is the musical equivalent of a gluten-free diet. It will keep you alive if you’re deathly allergic to wheat, but if you’re not, why on earth would anyone bother with it? Gardiner makes the usual obeisance to period-performance orthodoxy: Brahms preferred a smallish orchestra (false) and valveless horns (questionable)."
Quellen:
https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail ... um/3275852
http://www.classicstoday.com/review/review-15860/
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