Hohes Horn / Diskanthorn: Training und Lehrer?

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Hohes Horn / Diskanthorn: Training und Lehrer?

Beitragvon ulibarbara » So 23. Jul 2017, 17:06

Liebe Foristi,

ich les ja schon lang mit, habe aber selten Grund zu schreiben. Jetzt aber. Ich habe vor ein paar Jahren erkannt, dass ich mit dem nötigen Mut durchaus hohes Horn spielen kann. Genaugenommen hatte ich wegen fehlender Selbstdisziplin und fehlender Höhe und weil ich völlig unzuverlässig spiele, als Jugendliche Abstand vom Hornstudium genommen.
Anlaß für meinen ersten solistischen Ausflug ins hohe Horn war eine Krankheitsvertretung für den eigentlich vorgesehenen Solisten, also Hals über Kopf, ungeübt und untrainiert, mit dem 1. Horn im Es-Dur Konzert für zwei Hörner und Streicher von Telemann. Kann man sicher besser spielen, hätte ich auch, wenn ich länger geübt hätte. Ich übe eigentlich seit ca 20 Jahren genau gar nicht, sondern spiele 1-2 mal im Jahr projektweise in einem Laienorchester. Die Technik passt halbwegs, die Kondition ist schlecht und musikalisch bin ich verlottert.

Das mit dem üben habe ich dann letztes Jahr mit dem 1. Brandenburgischen nachgeholt. Das wusste ich langfristig, war ein sehr langgehegter Wunsch. Ich liebe dieses Konzert. Dafür habe ich mir ein (wunderschönes) Hoch-F-Horn gekauft, ein halbes Jahr lang auf dem Gartenschlauch in tief-D (beim Autofahren) und auf dem Inventionshorn geübt, in immer höherer Stimmung, bis ich beim Horn in F angekommen war. Dann erst Umstieg aufs Hoch-F-Horn, das fiel dann relativ leicht. Trotzdem an der Leistungsgrenze, konzertreif ist das BB1 nur in Bezug auf die Anforderungen eines Laienorchesters.

Im Winter habe ich leider gekniffen, als die H-Moll-Messe auf dem Programm stand, mit historischen Instrumenten. Das Quoniam hätte ich mit dem Ventilhorn gespielt, aber ein Barockhorn war nicht aufzutreiben und mein (recht weit mensuriertes und eher einfaches) Inventionshorn ist in D ziemlich zickig, so dass ich heimlich froh war, dass ein anderer Solist gefunden wurde. Im Nachhinein ärgere ich mich, denn der Solist hat eine schöne, saubere und v.a. sehr sichere Vorstellung abgeliefert, aber sehr auffällig gestopft. Das kann ich eigentlich klanglich besser, offener - nur ist es bei mir durchaus etwas Preisschiessen dabei....leider kann ich nicht einmal "Bruder Jakob" ohne Kieksen spielen....

Vor wenigen Wochen - wieder fast ein dreiviertel Jahr Hornpause - sollte ich den Chor mit einem Choral aus dem evangelischen Gesangbuch begleiten. Choralbegleitung im Gottesdienst löst bei mir normalerweise keine Panikattacken aus, ich ergooglete mir den Choral nicht vorab, sondern wartete geduldig bis ich wie immer die Noten vom Kantor zugeschickt bekam. Ok, jetzt hatte ich ein Problem. BWV 79 (Gott der Herr ist Sonn und Schild) ist ja wunderschön, nur "ein bisschen" hoch. Also üben, aber schnell. Eigentlich chancenlos in der kurzen Zeit. Netterweise stellte sich dann heraus, dass das statt in G in Es (!) geplant war, ich nehme stark an, nicht mir zuliebe, sondern wegen des Chores. Ging so lala, und ich hätte das drauf, vielleicht auch in G, wenn ich besser trainiert wäre.

Irgendwie habe ich die Harakiri-Aktionen jetzt satt und ich möchte üben, trainieren und sicherer spielen - und vollständig ins Diskantfach wechseln, da ich barocke Musik liebe und unser Kantor die beiden Hörnchen zunehmend fest einplant (freut mich sehr, als nächstes ist die 4. Kantate des WO dran).

Mein Grundproblem: Solange ich locker und leicht bleibe, geht fast alles. Werde ich ein einziges Mal fest, muss forcieren, klemmt es sofort und dauerhaft. Übe ich viel in tiefer oder mittlerer Lage, fehlt mir die Grundspannung. Übe ich nur oben, fehlt die Grundkondition fürs durchspielen pausenloser Passagen. Ausserdem weiss ich nicht, ob es wirklich sinnvoll ist, zunächst alles auf dem Naturhorn vorzuüben und erst kurz vor Schluß aufs Hoch-F-Horn zu wechseln. Ich war und bin greiffaul, und vergreifen ist wirklich ein Problem für mich.

Was ich hier erhoffe: Hinweise wie ich sinnvoll üben kann - und sehr sehr gerne auch Empfehlungen für einen Lehrer (Horn, Trompete, Corno da Caccia ist egal, denke ich) im Raum Reutlingen-Biberach-Ulm. Nicht für regelmässig (das wird kaum zu meinen Arbeitszeiten passen) aber vielleicht in Form eines Kurses etc.... ich hudele, spiele unpräzise, wurschtele mich so durch. Möchte das gerne ändern.

Schon mal vielen Dank!!
ulibarbara
 
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Re: Hohes Horn / Diskanthorn: Training und Lehrer?

Beitragvon Peter » So 23. Jul 2017, 19:33

HALLO ULIBARBARA das Problem liegt in der inneren Einstellung: man muss sehr leicht und mit wenig Luft "hoch pfeifen können. Wer vom romantischen (Wagner) Horn kommt, hat schon fast immer verloren.

Heutezutage spielen die meisten Profis Barockmusik auf Barockhörnern.
Hier gibt es ein Problem: offen oder mit Hand? man muss sich entscheiden. Es gibt Hornisten - z. B. Stephan Katte aus Weimar - der kann das offen mit "Treiben" hinkriegen. Dazu braucht man ein sehr ! sehr gutes enggebautes Barockhorn mit dem entsprechenden Mundstück. Barocke Partien auf einem klassischen Naturhorn mit Hand zu spielen, ist zwar bewundernswert, aber vom Klang her eigentlich falsch.
Es gibt aber auch Barockhörner (John Webb) mit Löchern. Letztere sind übrigens auch bei den Barocktrompeten sehr spekulativ, denn es gibt keinerlei Vorbilder. Aber klanglich ist das Webhorn schon auf der richtigen Spur.

Jetzt zu den hohen Ventilhörnern:
zum einen stimmen diese zu 90 Prozent nicht gut, es sei denn man läßt sich ein hohes Horn wie in der Galerie unter Peters Hörner 8 bauen, welches nachprüfbar perfekt stimmt und überdies bei gleichen Griffen nach hoch E, hoch ES und hoch D umgesteckt werden kann. Leider ist dieses von mir entwickelte Horn ein Unikat. Selbst der Hornhersteller Gebr. Alexander kann es nicht mehr nachbauen. Ein Nachteil hat diese Horn aber doch: es hat einen mehr klassischen Ton. Auch können viele Hornisten sich nicht so gut darauf einstellen. Die herkömmliche Prägung ist zu stark.

Also liebe(r) Ulibarbara wende Dich an Stefan Katte, Ulrich Hübner oder Christian Dallmann oder an andere berühmten Naturhorn-Bläser. Im übrigen: viel Erfolg. Ich bin für Fragen immer offen!
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Re: Hohes Horn / Diskanthorn: Training und Lehrer?

Beitragvon ulibarbara » So 23. Jul 2017, 21:43

Hallo Peter,

man muss sehr leicht und mit wenig Luft "hoch pfeifen können


Kann ich. Meistens - eben genau so lange bis ich fest werde. Der Anlass dazu kann banal sein, und kommt ziemlich plötzlich. Rechtzeitig ganz kurz entspannen (Viertelpause) reicht. Die gibt es aber nicht immer. Und dann geht es ins falsche Fahrwasser. Mit Kraft geht es nicht. Sofort ist der Klang und die Eleganz verloren, ich fühle mich nicht mehr wohl, nicht mehr beweglich. Im besten Falle komme ich mit den halbwegs richtigen Tönen noch so durch.

Stefan Katte wollte ich letztes Jahr besuchen, ich habe ihn leider knapp verfehlt. Sobald ich dort wieder in der Gegend bin, versuche ich es. Ich finde sein Spiel unglaublich faszinierend und interessiere mich brennend für seine Hörner. Ich wäre ganz knapp selbst Blechblasinstrumentenmacherin geworden und bereue manchmal, dass ich das nicht getan habe. Ich hätte sicher nichts falsch gemacht. Einer Musikerkarriere trauere ich dagegen nicht nach. Ich geniesse es, als Laie Fehler machen zu dürfen, nicht an Nervosität zu sterben und habe alleine dazu 20 Jahre gebraucht.

Das Webb-Horn kenne ich nicht.

Dass ein Inventionshorn völlig verkehrt ist, ist mir absolut klar. Das gilt für den Gartenschlauch genauso, auch wenn der enger mensuriert ist :-). Nur muss ich auf irgendetwas üben, mit dem ich - ohne falsche Fingerfolgen zu trainieren - in verschiedenen Stimmungen spielen kann, je nach Tagesform. Bewundernswert ist nichts daran, es ist nicht konzertreif. Gekauft habe ich mir das recht einfache Inventionshorn vor 25 Jahren, und natürlich für die Klassik, nicht für Barock - und aufgrund des geringen Gewichts und der Tatsache dass nichts daran kaputt gehen kann, für "outdoor-Urlaub".

Mit meinem hohen Ventilhorn bin ich sehr zufrieden. Ich habe immer mal wieder welche probegeblasen und daraufhin kategorisch abgelehnt, da ich mit dem B-Horn besser zurecht kam als mit diesen krummen Tönen. Finde meines einen Volltreffer (E.Schmid, mit dem etwas kürzeren Wiener Becher, hoch-F umsteckbar auf e, es, d). Allerdings habe ich wenig Vergleich und v.a. den Verdacht, dass ich noch lange nicht da angekommen bin, wo mir ein Instrument eine Grenze setzt.....

Gruß (die) Uli
ulibarbara
 
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Re: Hohes Horn / Diskanthorn: Training und Lehrer?

Beitragvon DerHornist » Mo 24. Jul 2017, 18:34

Hi,

wird auch mal wieder Zeit, dass ich hier in das Froum schreibe. Schon ein paar Jahre her wieder. :D
Ich kann nur einen Tipp geben. Das Mundstück. Ich habe ewig viel mit verschiedenen Mundstücken rumprobiert. Vielleicht hilft dir auch ein anderes Mundstück in der Höhe. Ich habe vor allem bei meinem Diskanthorn festgestellt, dass mein herkömmliches Mundstück für Doppelhorn zu groß ist und der Ton ab und zu "verwischt" und dumpf klingt. Mit einem anderen Mundstück sind die Töne viel voller gekommen und hat mir die hohen Partien wie bei der BWV 79 sehr geholfen. ;)

Liebe Grüße,

Johannes
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Re: Hohes Horn / Diskanthorn: Training und Lehrer?

Beitragvon ulibarbara » Sa 11. Nov 2017, 18:26

Mal zwischendurch eine Rückmeldung.

Ich habe weder Horn noch Mundstück noch sonst etwas gewechselt (spiele ein E.Schmid hoch-F für die hohen Sachen, welches Mundstück habe ich nicht parat). Und auch keinen Lehrer gefunden/gesucht.

Ich habe einfach einen alten Trick genutzt: Einfach mehr üben. Hilft :-)

Ich übe wenn ich nur so für mich übe, auf meinem Inventionshorn, einfach irgendwelche Übungen oder Konzerte. Das Konditionstraining mit dem "Gartenschlauch in tief D" ist leider weggefallen, seit ich vom Auto auf Fahrrad und Zug umgestiegen bin und nicht mehr stundenlang im Stau stehe. Das habe ich "ersetzt" - zufällig - durch häufigere Orchesterproben (spieltechnisch leichte Dinge, aber lange Proben).

Für den 4. Teil WO (ist schon wieder Weihnachten?!!) habe ich jetzt wieder mein "Hörnchen" ausgepackt, und siehe da, die doch recht zahlreichen d''' kommen sicher und klar im Ton.

Und was das hudeln und stümpern angeht, mir selbst mehr zuhören und mehr Disziplin. Eigentlich weiss ich es ja.....

Stefan Katte wollte ich besuchen, leider war er als ich in der Nähe war, in Urlaub (ist schon etwas her). Sobald ich wieder im Osten bin, werde ich es erneut versuchen. Ich finde sein Spiel und seine Hörner faszinierend.
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