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hornsuche

Beitragvon ccorno18 » Mi 21. Mär 2018, 09:35

Da auch ich mich in puncto Hornsuche gut in diesem Forum informieren konnte, berichte ich hier mal von meinen Erfahrungen bei der Suche nach einem neuen Doppelhorn. Natürlich wie immer alles subjektiv, aber mir haben die Berichte, Meinungen hier doch geholfen. Ich bin engagierter Amateur, der täglich schon eine Stunde, manchmal auch mehr übt, aber sicher weit weg vom (Semi-)Profi. Benutze auch das F-Horn, wo es sich anbietet bzw. besser klingt, aber bin schon klar B-Hornbläser. Habe vorher auf einem 30 Jahre alten Hoyer 801 gespielt, kein schlechtes Horn mit einigen Eigenheiten, insgesamt auch deutlich abgenutzt, kein Lack mehr, Lötstellen z.T. kaputt und intonatorische Probleme.
Zuerst mal: Das Testen ist gar nicht so einfach, da man erst mal an die Teile rankommen muss und immer das ungute Gefühl mit dem Verschicken ist und das schlechte Gewissen gegenüber den Instrumentenbauern bleibt, wenn man sich eben nicht dafür entscheidet, aber das ist eben so. Ich habe Hörner in der „Oberliga“ gesucht und muss zusammenfassend erstmal sagen: Ich habe kein wirklich schlechtes Horn gespielt. Ab einer gewissen Preisklasse sind die handwerkliche Qualität und beispielsweise gute intonatorische Abgestimmtheit meiner Erfahrung nach einfach Standard. Dennoch findet man erhebliche Unterschiede im Eigenklang, Zusammenpassen mit Mundstücken, Ansprache etc… Letztlich muss ich sagen, dass ich, wäre es nicht so sinnlos, am liebsten 2-3 Hörner gekauft hätte….
Ernüchternd ist, das man sich Vorteile auf einem Horn doch häufig auch mit Nachteilen erkauft, die (psychologisch einleuchtend) zunächst zugunsten der Vorteile ausgeblendet werden. Und genau deswegen glaube ich, dass man insbesondere als Nichtprofi mehrere Tage testen muss. Getestet wurden (alle mit Schraubschall Messing mit Vincent Bach 3 oder/und Klier K-Mundstück) in großem Raum und oft auch mit einem Zuhörer:

Alex 103: gebraucht von einer Bekannten. War positiv überrascht, schöner, gar nicht so dunkler Eigenklang, Mechanik super (Horn war 30+ Jahre alt). Tiefe für mich deutlich schwieriger als auf anderen Instrumenten. Toll an dem Modell ist finde ich, das man darauf extrem leise spielen kann, ohne dass der Ton abreisst, das hab ich so auf keinem anderen Modell gefunden. Den Widerstand fand ich nicht störend, auch wenn die extreme Höhe (heißt für mich ab g2 bis max. c3) schon schwieriger war. Klingt finde ich im normalen forte in der Normallage etwas posaunig, obwohl ich eher trichterförmige Mundstücke nutze. Insgesamt hat es mich nicht umgehauen, verstehe aber warum das Modell so beliebt ist.

Alex 403: gebraucht von Rimsky Horns (Holland, versendet gebrauchte Hörner auch nach D, toller Service, kostet 45 Euro sehr netter Kontaktempfehlenswert). Tolles, großes Horn, das sehr wenig gebraucht wirkte (hätte auch noch etwas >5500 gekostet). Weniger Widerstand als 103, sehr gleichmäßig, sehr voller, dicker Eigenklang, gute Höhe und Tiefe, intonatorisch gut. Extrem leichte Bindungen, fliesst richtig ineinander, liegt auch gut in der Hand. Weiss nicht, warum ich es letzlich nicht gekauft habe, wahrscheinlich weil ich erst noch etwas weiter testen wollte. Würde ich aber sehr empfehlen, insbesondere für die Leute, die den Alexsound mögen und mit dem 103 nicht so warm werden.

Cornford 25 l: Von Cornford direkt versendet. Hr. Cornford ist sehr nett und unkompliziert. Das 25 l ist der kleine Bruder des bekannten doppelkompensierten Tripelhorns. Supereasy zu spielen in der Mittellage, in der Tiefe auch sehr gut. Höhe für mich etwas schwieriger mit einer leichten Zunahme des Widerstandes. Aber: Das Horn klingt einfach ganz besonders. Also ich würde es als hell leuchtend und insbesondere in der Mittellage auch sehr voll beschreiben. Wirklich geiler Sound, Intonation und Mechanik natürlich perfekt, obwohl das getestete Horn quasi noch ein Rohbau war. Was mich zunächst abgehalten hat: Ich bin 195 cm groß, das Horn ist dann irgendwie gefühlt sehr handlich, das ist aber eben so konzipiert und man könnte sich sicher dran gewöhnen. Ob man die Optik mit der Walze mag, muss jeder selber wissen, aber eigentlich sollte ein Horn ja primär mal gut klingen, und das tut es wirklich.

Cornford 23/28: Hab das C23 in Hornbörse München gestestet, spielt sich für mich insgesamt sehr ausgewogen, Höhe wie Tiefe gut, großer Sound, großer Corpus, angenehme Haltung. Habe erst sehr lange auf meinem alten Horn, dann auf dem C23 gespielt und war dann nach dem Testen so platt (wegen meiner Kondition, nicht wg. dem Horn), dass ich das C28 leider nicht mehr wirklich testen konnte, würde ich eigentlich sehr gerne nochmal testen, da ja sehr davon geschwärmt wird. Aussehen tut es extrem schön, finde ich.

Otto 180 K: Getestet als Jeff-Nelson-Modell mit Schnurmechanik und handgehämmerten Schall bei Thomann bei Bamberg. Ganz anderes Horn als die zuvor getesteten, Knopf-Geyer-Bauweise. Sehr offen und leichtgängig, Sound/Eigenklang fand ich schlanker als bei den bisher gestetesten Modellen, aber trotzdem sehr klar und schön. In der Tiefe sehr offen, geht extrem gut, Höhe auch leicht, hier muss man etwas aktiver auf die Intonation achten. Der Klang wird sehr schön „brassy“ wenn man lauter wird. Schnurmechanik mag ich irgendwie nicht, sonst aber ganz tolles Gerät, das auch sehr schön aussieht. Hätte es gerne nochmal länger zu Hause getestet, aber Otto hatte zu dem Zeitpunkt grade keines da, obwohl sie natürlich auch versenden.
Hoyer K10: Ebenfalls (kurz) bei Thomann gestestet. Viel belobtes Horn im Alexander 103 Stil, hat eine ganz tolle, leichte Höhe, es war für mich aber relativ schwierig, darauf in der Mitttellage einen großen Sound zu erzeugen, also brauchte sehr viel Luft und war für mich auch komisch zu halten. Tiefe fand ich auch eher schwierig. Ging nicht so an mich, liegt vielleicht aber auch der eher kurzen Testdauer.

Finke Brendan: Direkt von Finke. Hr. Finke ist sehr freundlich, hat zwar alles etwas länger gedauert, habe dann ein nagelneues Horn mit 2 verschieden großen Schalls (M und L),Mundrohrwechselsystem und 2 Mundrohren erhalten. Extrem leichtes Horn, super zu halten , Corpus mittelgroß, extra kleiner Zug hinter der Maschine zum Entwässern (extrem praktisch), Mundrohrwechselsystem mit 2 Schrauben einfach zu bedienen. Das Horn geht extrem leicht los und hat einen eher schlanken, helleren Eigenklang (V.a. im Vergleich zum z.B. Alex 403). Mit dem etwas größeren L- Schall (Standard ist M-Schall) kann man das Volumen hörbar steigern, der Klang ist sehr klar und wird schön „brassy“ beim lauteren Spiel, man muss den Klang im ff aber anders als z.B. bei einem Alexander doch etwas aktiver kontrollieren. Die Höhe ist extrem leicht, auch auf der F-Seite (geht z.T. fast leichter als B-Seite, man entdeckt neue Spielmöglichkeiten wie z.B. von F2 B-Horn 0 auf G2 F Horn 0, in diesen Regionen hatte ich das F-Horn sonst eher nicht mehr aktiviert). Tiefe sehr offen, voll und gut ansprechend. Trillern geht extrem smooth, Lippentrillern (kanns nicht gut) auch. Die Mundrohre (G2 und G3) waren beide sehr weit, mit eher geringem Anspracheunterschied, klanglich war das G3 etwas dunkler. Die Minibalmechanik war anfangs etwas laut, das hat sich aber mit Öl und „einspielen“ gegeben. Habe das Horn 2 Wochen getestet. Problem war anfangs: Aufgrund der gefühlten Leichtigkeit in der Höhe und des geringen Widerstandes hab ich mich dermaßen schnell platt gemacht, dass ich nach ner h kaum noch irgendwas spielen konnte. Ich habe dann gemerkt, dass man auf so einem leichten „wenig-Widerstandhorn“, vielleicht doch etwas bedachter und kontrollierter üben muss, pressen in der Höhe macht sofort den Ton und den Ansatz tot. Das hat mich aber hoffentlich eher diszipliniert, mittlerweile hab ich mich gut dran gewöhnt und finde es sogar eher Ansatz-fördernd. Gut finde ich auch, das der Eigenklang des Horns sehr variabel und anpassbar ist, und das Horn sehr vielfältig klingen kann. Ich habe mir nun noch zusätzlich zum G2-Mundrohr ein etwas schmaleres Mundrohr mit angeblich etwas mehr Widerstand zum Testen bestellt und werde das Horn so oder so behalten. Ich finde diese Custom-mäßige bei Finke tatsächlich sehr gut, obwohl ich anfangs skeptisch war, ob es sinnvoll ist unterschiedliche Mundrohre und Schalls an einem Horn zu vergleichen.
Sehr gerne getestet hätte ich auch das Knopf Doppelhorn (Mod 16), dafür muss man aber hinfahren, oder besser jemand kennen, der eins hat, er versendet nicht und hat 1-2 Testmodelle vor Ort. Die kompensierten Doppelhörner baut er nur nach Auftrag, was bei der Größe des Unternehmens natürlich auch irgendwie einleuchtet, vielleicht läuft mir ja irgendwann nochmal eins über den Weg. Engelbert Schmidt wäre wie Ricco Kühn sicher auch noch einen Besuch/Anfrage wert gewesen, aber man kann sich auch tot testen.
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Re: hornsuche

Beitragvon Altcorno » Di 27. Mär 2018, 16:30

Hallo cccorno18,

sehr interessanter Beitrag! Die Bewertungen des 103, 403 und des Finke kann ich aus eigener Erfahrung im Prinzip genauso bestätigen. Sehr interessant auch Deine Bewertung des Cornford 25. Ich war immer skeptisch, ob die Intonation auf einem kompensierenden Horn akzeptable wäre.

Viele Grüße
Altcorno
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Re: hornsuche

Beitragvon Peter » Do 29. Mär 2018, 05:18

Lieber Altcorno, die ersten Doppelhörner waren Compensating Hörner. Das Kompensationsprinzip ist deswegen in Veruf geraten, weil viele Instrumentenbauer die Länge der Kompensationen nicht genau berechnen konnten. Das KOM pensationsmodell ist vom Gewicht deutlich leichter und bläst sich auch angenehmer. Viele glauben aber dass das höhere Gewicht mehr " Wums" hergibt und die Tatsache, dass die Luft nur einmal durch den Ventilstock strömt muss von vornherein besser sein, Aber das ist Weltanschauung und ist schwer korrigierbar.
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Re: hornsuche

Beitragvon dszy » Do 29. Mär 2018, 19:56

Peter hat geschrieben:die ersten Doppelhörner waren Compensating Hörner


das war bislang auch mein Verständniss, jedoch las ich vor kurzer Zeit diesen Beitrag:

"It must be pointed out that both Anthony Baines (1976, p. 224) and Herbert Heyde (1987, p.182) incorrectly state that this was a compensating horn. Neither gives a citation for this statement. Dr. Heyde compounds the error even further by stating that the unsigned example in the Deutsches Museum in Munich (Nr. 15265) and the article by Hermann Eichborn (ZfI, 1899, p. 981) actually pertain to the patent (DRP 117592) by Friedrich Butti from August 13, 1899. Inspection of the text of D.R.G.M. 84240 documents filed by Firma Ed. Kruspe, however, clearly shows that this was a full double horn (see below). Unfortunately this error has since been spread throughout subsequent publications, including the official catalog of the exhibition of Kruspe intruments at Erfurt in 2012, and, of course, throughout the Internet. No evidence has been found that there was ever a compensating double horn in the modern sense prior to 1906 when the instruments by Gebr. Alexander (Model 102) and Ed. Kruspe (Gumpert-Kruspe, D.R.G.M. 295 125) were introduced." (Richard J.Martz, 2011, http://rjmartz.com/horns/Kruspe_097/ )

Siehe auch: http://www.rjmartz.com/horns/DRGM84240/
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Re: hornsuche

Beitragvon Peter » Fr 30. Mär 2018, 05:08

Die Idee des Kompensationsprinzip stammte meines Wissens von Adolphe Sax. In Frankreich und in Belgien hatte man frühzeitig damit ( bei den Saxhörnern) experimentiert, so dass es nicht ganz klar ist wo und wie erwas zuerst gemacht wurde. Das erste franz. Doppelkorn ist jedenfalls erst 1925 entstanden. Das Patent von Butti, das Kruspe zu seinem Modell inspirierte war mir aber bekannt.
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Re: hornsuche

Beitragvon Lupus Cornum » Fr 30. Mär 2018, 09:47

Peter hat geschrieben:Die Idee des Kompensationsprinzip stammte meines Wissens von Adolphe Sax. In Frankreich und in Belgien hatte man frühzeitig damit ( bei den Saxhörnern) experimentiert, so dass es nicht ganz klar ist wo und wie erwas zuerst gemacht wurde. Das erste franz. Doppelkorn ist jedenfalls erst 1925 entstanden. Das Patent von Butti, das Kruspe zu seinem Modell inspirierte war mir aber bekannt.

Ich dachte immer, das sei nun wirklich elementar deutsch :D

(Bitte entschuldigt den unqualifizierten Beitrag. Ist aber auch ein zu schöner Tippfehler.)
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