Mozarts K.407 Quintett

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Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon Prof » Mo 23. Nov 2009, 12:56

Habt Ihr Euch schon einmal das Rondo dieses Werkes genauer angesehen ? Es fängt doch mit Auftakt an, oder ? Es klingt aber, als würde man auf "eins" beginnen. Schaut man dann den Streichern zu, beginnen diese mit Aufstrich, also völlig "gegen den Strich". Später im Satz ändert sich das und alles läuft wie üblich "geradeaus". Hat sich da Mozart schon einen ersten Spaß auf Kosten seines väterlichen Freundes Leitgeb geleistet ? Das Quintett wird ja das "Leitgebische" genannt.

Es gibt übrigens davon eine Ausgabe für Horn & Klavier (nach H.Kling) und eine Triofassung für Violine, Horn und Klavier (bei mir direkt oder über Köbl-Walter). Das wäre doch gar nicht schlecht in einem Programm mit dem Brahms-Trio.
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon Peter » Di 24. Nov 2009, 22:18

Dieser letzte Satz aus dem Hornquintett fängt tatsächlich mit einem Auftakt an. Leider beginnen die allermeisten Hornisten quasi volltaktig.
Richtig wäre es die 1 zu betonen, also das e2 nach dem g2 Auftakt und bei dem darauf folgenden 16tel-Lauf eine Bindung nur auf dem c 1 - h 1 (der 1 des folgend Taktes). Die Bindung ti-ha-ta-ta ergibt einen Schwerpunkt und der darf ja nicht auf der 2 des Taktes sein.
Ich finde das logisch und habe mich stets bemüht dieses in meinem aktiven Hornistenleben so zu spielen.
Natürlich werden viele "Bauchmusiker" das für spitzfindig erachten.
Aber, sei es drum - ich stehe dazu.
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon RobLeicht » Mi 25. Nov 2009, 11:11

Klingt alles sehr eindrucksvoll und überzeugend. Nur, was mich Wunder nimmt: Für einen "klassischen" Auftakt hätte ich mit einem Achtel gerechnet - nun steht da aber ein Viertel. Soll man das nicht mindestens tenuto nehmen?
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon Prof » Mi 25. Nov 2009, 12:35

Mitnichten, lieber Herr Kollege, mitnichten. Wenn man das Rondo des Quintettes genauer betrachtet, findet man, daß es bis zur ersten Wiederholung eigentlich "alles gegen den Strich geht", sich aber beim Eintritt in die Wiederholung in Wohlgefallen auflöst, aber dann nach der Fermate wieder wie am Beginn gegen den Strich läuft, aber nur für "volle" acht Takte (Auftakt notiert g2 und Niederstreich auf notiert c2 am Ende zusammen als voller Takt gezählt). Kurz vor Schluß passiert dann noch ein Zitat des Anfangs für ganze 3 volle Takte (13 1/2 Takte vor Schluß). Hier ändert sich die Sache so, daß quasi, wenn man das Zitat als auf Niederstreich beginnend denkt, im elften Takt vor Schluß nach den zwei notierten d2 ein halber Takt mit der Sequenz Sechzehntelvorschlag e2 gefolgt voon Sechzehntel d2c2d2e2 eingeschoben ist - und sofort ist die Welt wieder in Ordnung.

Der Abschluß der ersten Phrase des Rondos müßte mit einem tenuto-Achtel erfolgen und nicht mit einem Viertel c2, oder zumindest mit einem abphrasierten Viertel. Das gilt auch für denm Abschluß im Horn 8 Takte vor der Wiederholung und für den Abschluß in den Streichern im Takt vor der Wiederholung u.ä.

Vor mir liegt der Erstdruck von Schmiedt & Rau , Leipzig. Hier ist die Sechzehntelsequenz im Takt 2 (g2f2e2d2) bereits als zwei gebunden zwei gestoßen dargestellt, vier Takte später jedoch entgegen allen Regeln für das Naturhorn und völlig gegen Mozarts ästhetisches Empfinden (pedantischer Perfektionismus) wieder in einem Bogen gebunden. Die Notenstecher sind offensichtlich "sehr freihändig" mit den Noten umgegangen, sonst hätten sie nicht Sechzehntelpassagen wie (alles wie notiert) c2d2e2fis2 oder c2h1a1g1 oder nach den sieben Pausentakten nach der Fermate c2g1c2e2 - g2e2d2c2 - h1c2d2e2 usw. jeweils unter einen Bindebogen gestellt sondern zur besseren Verständlichkeit für den Zuhörer mit zwei gebunden zwei gestoßen bezeichnet. Der Gipfel ist dann der dem notierten b1 (halbe Note) ziemlich am Schluß folgende Lauf a1h1c2d2e2f2g2a2, der mit einem Bindebogen über den acht Sechzehntelnoten bestens für eine Naturhorn-Tonschmierage vorbereitet. Natürlich muß auch hier der Lauf wie vorher auch verlangt (zwei gebunden und zwei gestoßen) bezeichnet sein. Läuft auch weit besser. Übrigens eine der wenigen Stellen in Mozarts Hornnotationen mit einem notierten a2. Am gänzlichen Schluß ist natürlich die Methode zwei gebunden zwei gestoßen besser und leichter.

Das Rondo mit einem "leichten" Auftakt zu beginnen und den Tondruckpunkt auf die Eins (e2 notiert) zu legen, halte ich für völlig verfehlt, da dann der ganze Spaß weg ist. Es wäre Beckmesserei. Was würde dann bei der Rückkehr zur "realen Welt" passieren ? Dann wäre doch dieser Teil völlig verfehlt. Eigentlich könnte man diesen Rondosatz umschreiben, also mit gleich mit einem vollen Takt beginnend und jeweils an den "Wechselpunkten" einen Dreivierteltakt einschieben. Das wäre aber zur Zeit Mozarts und nach den strengen Formregeln des Herrn Papa unmöglich gewesen. Außerdem hätte es bei den Taktwechseln Hornist und Streicher bestimmt "gestrudelt".

Ich habe schon oft genug betont, daß buchstabengetreues Abspielen der schwarzen Punkte vom mehr oder weniger weißen Papier noch nichts mit Musik zu tun hat. Das ist erst der Anfang, die Voraussetzung. Man muß aber das "HINTER DEN NOTEN" erkennen und dann dem Zuhörer (entschuldige Beate,das ist nicht "gender specific" zu verstehen) so vermitteln können, daß er hoffentlich so empfindet, wie sich das der Komponist vorgestellt hat.

Da empfehle ich Ihnen auch, das Pretre Porträt am 1.Dez. um 03:00 früh auf Arte anzusehen. Da wird richtig Musik gemacht, nicht einfach aus dem Bauch heraus sondern aus dem ungeheuren Wissen UND aus dem Bauch heraus mit allem Temperament und noch immer ungeheurer Kraft, ABER mit größtem Respekt vor der Komposition und dem höchster Verehrung für den Komponisten.
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon www_corno_de » Mi 25. Nov 2009, 22:34

Den Erstdruck anzuführen, ist wenig gut. Die Quellenlage ist bei KV 407 leider eher schlecht. Es gibt kein Autograph, aber der Verlag Andre soll danach editiert haben. Gerade im 2.Satz differieren die verschiedenen Drucke.

Der Anfang des 3.Satzes stellt sich bei Rau so dar:

http://www.corno.de/kv407/kv407-Rau.jpg

im 1803 verlegten Druck von Andre dann so:
http://www.corno.de/kv407/kv407-Andre.jpg

mir liegt aber noch eine in meinen Augen besser Vorlage vor, dort ist des Horn mit "Corno in Dis" angegeben und anscheinend ist diese Abschrift zeitlich vor den beiden Drucken anzusetzen. In dieser Abschrift stimmt die Artikulation wunderbar. Auch davon hier der Anfang des 3.Satzes:
http://www.corno.de/kv407/kv407-dis.jpg

PS: Lieber Webmaster, irgendwie lassen sich keine Bilder einfügen, die Größe des Bildes kann nicht erkannt werden. Da scheint was falsch geschaltet zu sein im Forum.
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon Martin2 » Mi 25. Nov 2009, 23:34

In der Bärenreiter Urtext- Ausgabe (BA 4708) sind die Artikulationsvorgaben bis T. 7 absolut identisch mit der von Robert gezeigten "Abschrift"; es fehlen lediglich die Bindebögen über den Staccatopunkten bei den /8 in T. 2 u. 3. Danach wirds allerdings spärlich. Es wird wohl davon ausgegangen, daß der Ausführende von selbst "simile" artikuliert.

Auf vielen Plattenaufnahmen ist zu hören, daß der Auftakt als auch die 1 zu Beginn des Rondos gespielt werden, als sein ein Akzent > darüber gesetzt. Beide Noten werden also gleich stark betont. Auch die Betonung des Auftaktes und die Nichtbetonung der 1 ist häufig zu hören.

Mal ganz ehrlich: Man muß schon sehr gegen das Bauchgefühl ankämpfen, um den Auftakt nicht zu betonen.

Schaut man sich die "Basso"- Stimme (Cello) an, hat man optisch den Eindruck, sie hinke einen Schlag hinter der Hornstimme her. Der Auftakt ist Pause. In T. 1 dann zwei /4 (es und As), wobei die erste dieser /4 natürlich betont wird.

Ich habe mal verschieden Varianten ausprobiert und bin zu dem Schluß gekommen, daß man die Betonung des Auftaktes gut umgehen kann, wenn man diesen nur kurz "hinwirft" (gedachte /8 Note und /8 Pause) und dann die 1 in T. 1 etwas stärker als normal betont.
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon www_corno_de » Do 26. Nov 2009, 09:02

Bärenreiter muss mächtig schwindeln, wenn man KV 407 als"Urtext" verkaufen will, ich schrieb ja schon, das z.B. alle genannten 3 Quellen im 2.Satz differieren, wobei Bärenreiter Quelle 3 gar nicht berücksichtigt, weil man nach der neuen Mozart Ausgabe editiert. Und der Band mit dem KV 407 wurde 1957 (!) abgeschlossen. Der kritische Bericht dazu kam 50 Jahre später heraus. Hilfe!
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon Adagio » Do 26. Nov 2009, 09:04

Peter hat geschrieben:Dieser letzte Satz aus dem Hornquintett fängt tatsächlich mit einem Auftakt an. Leider beginnen die allermeisten Hornisten quasi volltaktig.(...)
Natürlich werden viele "Bauchmusiker" das für spitzfindig erachten.
Aber, sei es drum - ich stehe dazu.


Würde hier gar keinen Gegensatz zwischen den "Bauchmusikern" und "Phrasenplanern" konstruieren!
Aus meiner Sicht ist es einfach falsch, grundsätzlich anzunehmen, alles, was nicht auf die Zählzeit 1 notiert ist, als "Auftakt" zu sehen. Man nehme das Seitenthema vom 2.Mozart: plötzlich liegt der Schwerpunkt auf Zählzeit 3.
Ein guter klassischer Komponist (und dazu kann man Mozart wohl zählen) bricht aus den Schematismen der Kleinmeister auch gerne mal aus.
Mein Interpretationsvorschlag zum Rondo: die beiden ersten Töne gleich wichtig spielen. Der ganze Satz wird dann zu einem Spiel mit den "Schwerpunkten". Schon beim nächsten Einsatz wird ja klar, wo die 1 ist - für den, der das wirklich wissen will.
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon Prof » Do 26. Nov 2009, 10:03

Bravo ! Bravo ! Das ist es ! Und nicht die ewige Besserwisserei,Notenklauberei und Beckmesserei. Du hast den Witz in der Sache erkannt, - wohl schon lange -, ohne den der Rondosatz seine besondere Wirkung verfehlen würde.

Zu Roberts Zitat der handschriftlichen Quelle, - wohl nicht die bei Leitgeb (definitiv Leitgeb und nicht Leutgeb !!) einst befindliche Kopie - , entspricht anfangs ja der in Wien noch immer gebräuchlichen Ausführung. Man muß jedoch beachten, daß die beiden c2 und d2 (notiert), über denen Punkte und Bindebogen stehen, nicht wie üblich "lätschert" zu spielen sind, sondern wie bei den Streichern mit je zweimal Aufstrich, weich, doch locker und etwas verkürzt im Notenwert. Bei der Verbindung der Sechzehntel d-c-d-e mit Bindebogen funktioniert der Bindebogen auf dem Naturhorn überhaupt nicht und ergibt eine Schmiererei. Es muß also auch hier sorgfältig artikuliert werden, am Besten wie vorher auch: zwei gebunden und zwei gestoßen. Warum der Kopist später die Notenfolge (alles Sechzehntel) g-e-g-e zusammenbindet (nur die erste Folge g-e) ist mir unklar. Das ergibt keinen Sinn. Es verzögert nur die ersten beiden Sechzehntel. Wahrscheinlich war der Kopist kein Hornist.

Übrigens, im ersten Satz sind jeweils die drei Auftaktachtel ab Takt 83 im Gegensatz zur Exposition dann auch im portato (Punke und Bindebogen darüber) auszuführen, einfach als durchbrochener Aufstrich der Streicher, quasi als Variante.

Nach meiner Erfahrung unterscheiden sich die verschiedenen Ausgaben nur durch stümperhaft gesetzte Bindebogen und Artikulationen, fern der hornistischen (besonders Naturhorn) und musikalischen Praxis. Es ist eben doch ein großer Unterschied zwischen vielleicht nur einer einmaligen (oder gar keiner) Gelegenheit zu einer Aufführung und dem Solisten, der ein derartig Werk doch öfters auf dem Programm hat oder hatte. Es gibt allerdings zwei Ausgaben (Andre, Artaria) mit einem zusätzlichen Menuett, das aus der Serenade K.375 atammt.

Die von mir gespielte und in der Wiener Überlieferung (bezüglich Phrasierung und Artikulation) ausgeführte Version steht in der Solostimme in den nächsten Tagen auf meinem Homepage als pdf. Ich werde die Gemeinschaft davon in Kenntnis setzen. Auf Anfrage versende ich das gerne als email-Anhang. Bitte Anfrage an hpizka@me.com
Steht ab heute Abend bereit.
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Re: Mozarts K.407 Quintett

Beitragvon www_corno_de » Do 26. Nov 2009, 10:51

Nach meiner Erfahrung unterscheiden sich die verschiedenen Ausgaben nur durch stümperhaft gesetzte Bindebogen und Artikulationen,

Nun, da trügt die Erfahrung, auch der reine Notentext ist unterschiedlich bei Bärenreiter, Peters, Schmiedt & Rau und Andre.

Bei der Verbindung der Sechzehntel d-c-d-e mit Bindebogen funktioniert der Bindebogen auf dem Naturhorn überhaupt nicht und ergibt eine Schmiererei


Gibt es aber öfter in den Quellen dieser Zeit und meint sicher ein weiches Tenuto, ähnlich dem Portato-Bogen der Streicher. Der Klassiker "zwei gebunden, zwei gestoßen" wäre sicher, wenn gewünscht, auch so notiert. ;)
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