Weber Concertino

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Weber Concertino

Beitragvon Martin2 » Mo 15. Mär 2010, 16:28

Hallo zusammen,

bezüglich der Tempi in Webers Concertino fällt auf, daß die Interpreten hier sehr verschiedene Tempi wählen. Von "in aller Gemütsruhe" bis hin zu "verdammt schnell" ist ja alles dabei. Bei Mozarts Hornkonzerten ist die Streuung wesentlich geringer. Eine "Polacca" z.B. ist ja doch ein relativ ruhiger Schreittanz, doch wird sie im Concertino meist im recht zügigen Tempo genommen. Soweit mir bekannt ist, gibt es keine Ausgabe, die Metronomangaben enthielte. Und wenn, stammen die ja bestimmt nicht von Weber.... Ich persönlich würde eher auf das musiklisch Unterhaltsame setzen, denn auf rasante Technik. Die Finessen, die Weber eingebaut hat, gehen meiner Meinung nach unter, wenn mans spielt wie "Formel 1". Die einzelnen Abschnitte des Concertinos müssen natürlich schon vom Tempo her unterschiedlich sein, sonst wird es uninteressant. Was würdet ihr empfehlen?
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Re: Weber Concertino

Beitragvon Hödlmoser » Mo 15. Mär 2010, 17:27

Beim Topic "Etüden-Tipp!" wies ich auf Grund der Technik am F-Horn schon auf eine youtube-Seite hin.
Dieser (damals) junge Virtuose spielt ein tolles Tempo. Und es klingt bei ihm auch toll. Nicht gehetzt.
Jeder soll es spielen, wie es ihm persönlich liegt und trotzdem musikalisch ist.
Der Hinweis war:
http://www.youtube.com/watch?v=T9ZlQYPAUH4
http://www.youtube.com/watch?v=vmbyBHGLfv8&feature=related
Liebe Grüße vom Hödlmoser
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Re: Weber Concertino

Beitragvon Prof » Mo 15. Mär 2010, 22:16

entfernt, da doppelt
Zuletzt geändert von Prof am Mo 15. Mär 2010, 22:17, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Weber Concertino

Beitragvon Prof » Mo 15. Mär 2010, 22:17

Also lieber Martin2, woher nimmst Du denn die Mozart-Geschwindigkeits-Informationen ? Von wie vielen Aufnahmen ? In meinem Buch "Das Horn bei Mozart" gibt es eine Statistik bis zum Jahre 1980:

K.412: Allegro I. 110-126, Allergro II. 68-88
K.417: Allegro maestoso 110-2126, Andante 60-96, Rondo allegro 86-118
K.447: Allegro 114-126, Romanze Larghetto 52-84, Allegro: 96-136
K.495: Allegro moderato 106-126, Romanze Andante 48-74, Rondo Allegro vivace 106-132
K.371 90-120
K.407: Allegro 114-132, Andante 64-84, Allegro 110-126

Ich würde das nicht unbedingt als ausgeglichen sehen, da bei den untersuchten insgesamt jeweils etwa 60 Aufnahmen Temposchwankungen von 33% bis über 60% vorkamen.
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Re: Weber Concertino

Beitragvon Peter » Di 16. Mär 2010, 03:24

Man muss ein Tempo so wählen, das der Zuhörer den Charakter eines Stückes mit allen Feinheiten hören kann.
Das ist abhängig
1 von dem anzunehmenden Willen des Komponisten
2. vom Ort/Raum/Saal (trocken oder Nachhall)
3. von der Fähigkeit und der Gemütslage des Musikers. Manchmal möchte man ein Stück schneller oder langsamer spielen oder aber, reichen die technischen Fähigkeiten aus, ein schnelles Tempo zu spielen.
4. von der anzunehmenden Rezipierfähigkeiten der Zuhörer. (ob der Zuhörer die Botschaft des Stückes auch im schnellen oder langsameren Tempo wahrnehmen kann).

Zu 1. Man kann bei Harnoncourt (der Musikalische Dialog) recht gut nachlesen , was die einzelnen Tempi bedeuten.
Bevor Mälzels Erfndung des Metronomes wählte man das Tempo nach dem Gefühl. Ein Anhaltspunkt war da der menschliche Pulsschlag. In ruhiger Bewegung ist der Pulsschlag plus/minus Viertel=76 (Bandbreite von 66 -80). Das nannte man grob Andante, Adagio/sehr langsam war das halbe Tempo Achtel = 76; doppelt so schnell bei sehr! schnellen Tempi Halbe= 76. Das sind aber nur grobe Anhaltspunkte. Nebenbei: Andantino war bis Beethoven langsamer als Andante! danach schneller.

Besonders jüngere Virtuosen neigen zu flotten, sportlichen Tempi. Man will zeigen, was man kann - die Musik ist oft nur ein Vehikel (Mittel) zum Zweck.
Reifere Virtuosen stellen wieder mehr die Musik in den Vordergrund und wählen angemessenere Tempi. Es muss aber nicht gleich wie bei Celibedache sein.

Merke: Zu schnelle Tempi machen Musik manchmal klein! Ein Beispiel ist hierfür Saint-Saens Romanze op.36
Zeitgenossen von Saint-Saens spielten das Stück gerne in ruhigen Andante-Viertel (Aufnahme: Edouard Vuillermoz 1928)
Die meisten Hornisten heute spielen "diese kleine Piece"??? meist sehr flott.

Übrigens: Komponisten wählen bei ihren eigenen Kompositionen meist sehr schnelle Tempi aus. Der Grund mag sein, dass sie ihre eigenen Stücke im Kopf wesentlich schneller rezipieren; z.B.Richard Strauss eigene Interpretationen versus Clemens Krauss

Andererseits haben mich Dirigenten (wie z.B. Gielen ), die bei den Beethoven-Sinfonien rücksichtslos die vorgeschriebenen Metronomzahlen wählen aus den oben genannten Gründen selten überzeugen können.
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Re: Weber Concertino

Beitragvon Martin2 » Di 16. Mär 2010, 17:24

Herzlichen Dank erstmal für Eure Antworten!

Die geringere Abweichung bei den Mozart- Konzerten entnehme ich meiner etwa 30 verschiedenen Einspielungen sowie aus Konzerten. Bei meinen Aufnahmen beträgt die Abweichung vom Langsamsten zum Schnellsten etwa 15%. Das kommt aber darauf an, wer spielt. Ich habe keine Aufnahme der Mozart- Konzerte, die jünger ist als 30 Jahre. Die Älteste ist eine Schellackplatte aus den Dreißigern. Leider fehlen die Label und die Hülle und somit ist nicht ersichtlich, wer da spielt. Bei 78 U/min hat das Rondo im 4. Konzert eine Geschwindigkeit von Viertel = 116. Vielleicht wird heute allgemein schneller gespielt als noch vor 30 Jahren? In den Livekonzerten aber konnte ich das nicht registrieren (Sekundenzeiger der Uhr).

Ich entnehme dem Beitrag von Peter, daß es sehr auf das eigene Gefühl ankommt. "Schneckentempo" ist meist langweilig und einschläfernd, aber das Tempo von Baborak im Youtube- Beispiel empfinde ich als zu schnell. Natürlich ist es hervorragend gespielt und gleichzeitig auch sehr "detailiert" vorgetragen, aber Baborak ist ja auch eine Welt für sich.
Sich stur an Metronomvorgaben zu halten, kanns auch nicht sein, ist klar. Also "Bauchgefühl". Man macht demnach nichts falsch, wenn man sich auf das natürliche Tempogefühl verläßt. Eine strikte Vorgabe gibts also nicht. Das wollte ich wissen.

Ein anderer Aspekt ist das Instrument. Auf dem Ventilinstrument sind schnelle Passagen ja weniger ein Problem. Als Beispiel möchte ich Haydns Trompetenkonzert nehmen. Das Stück wurde für Klappentrompete geschrieben. Auf der Ventiltrompete kann mans rasend schnell spielen, auf einer Klappentrompete ist das schier unmöglich. Ich habe in meiner Jugend öfters auf einer solchen Trompete gespielt, die mir mein Lehrer zur Verfügung stellte. Selbst wenn man die Griffe intus hat, ist es mit Ventilen nicht zu vergleichen. Viel zu kompliziert!
Das Concertino aber wurde ja fürs Inventionshorn geschrieben und das geht sehr viel schneller.
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Re: Weber Concertino

Beitragvon Prof » Di 16. Mär 2010, 20:52

Lieber Martin2 !

Das mit dem Metronom Viertel = 116 bei einem der Hornkonzerte Mozarts kann für eine Schluß-Satz nicht stimmen, da dieser immer im 6/8 Takt stehen. Aus den Dreißigerjahren ist mir auch keine Einspielung des K495 bekannt, wohl aber die Zimolong-Einspielung des K.447 mit den Dresdenern unter Karl Böhm. Meine Statistik stammt von etwa 170 Aufnahmen aus der Zeit vor 1980. Bei Max Zimolong waren die Tempi 126/76/136. So weit die historischen Aufnahmen. Ich habe zwar noch spätere Aufnahmen. Bei diesen habe ich aber die Tempi nicht auf Metronom hin kontrolliert. Zimolong hat übrigens als zweiter Interpret kurz nach der Uraufführung das zweite Konzert von Richard Strauss unter Karl Elmendorff bei den Musikfestspielen in Weimar gespielt. Bei dem Konzert spielte er als Zugabe den letzten Satz nochmals. Es gibt auch eine ganz frühe Aufnahme Aufnahmen mit ihm vom Sender Kattowitz, ich glaube von 1951.(Muß erst noch nachschauen. Ich habe die Aufnahme nämlich von Zimolong persönlich bekommen.)

Warum sollte das Weber Concertino mit dem Inventionshorn viel schneller gehen ? Liegt es vielleicht an den B-Horn-gewohnten Fingern ? Beim Einsatz des F-Horns und nur gelegentlicher Benutzung der B-Seite, wo es angebracht ist, geht es auch sehr, sehr schnell, - wenn es denn sein muß - , weil der Großteil auf dem 2.Ventil (original E-Horn) ohne Probleme zu verwirklichen ist. Den sturen nur-B-Horn-Benutzern wünsche ich Fingerverknotung und Fingerbruch ob ihrer Sturheit.
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Re: Weber Concertino

Beitragvon Hödlmoser » Do 18. Mär 2010, 15:57

Ein wenig "off topic":
Lieber Prof alles Gute zu Deinem Geburtstag vom Hödlmoser
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Re: Weber Concertino

Beitragvon Martin2 » Fr 19. Mär 2010, 14:41

Lieber Prof,

mein Metronomangabe sollte natürlich ACHTEL = 116 heißen, nicht Viertel. Sorry.
Der ehemalige Besitzer dieser Schallplatte sagte mir, sie wäre aus den Dreißiger Jahren. Überprüfen konnte ich das nie. Da der Mensch aber ansonsten auch sehr zuverlässig war, ging ich davon aus, daß das stimmt. Wenn Du jetzt sagst, es gäbe keine Aufnahme der Mozart- Konzerte aus dieser Zeit, will ich das auch glauben. Wie gesagt, es fehlen die Labels auf der Platte und die Hülle. Zudem habe ich nur die Möglichkeit, die Scheibe bei 78 U/min abzuspielen, damit das Tempo einigermaßen hinkommt. Gabs früher außer 33, 45 und 78 noch andere Umdrehungszahlen? Da bin ich überfragt! Wenn in den 50er Jahren noch Schellackplatten produziert wurden (anstatt Vinyl), könnte sie auch jünger sein.

Bezüglich Inventionshorn: Ich bemerkte, daß man auf dem Inventionshorn schneller spielen kann, als auf einem Klappeninstrument - nicht Ventilinstrument. Zudem war diese Feststellung gar nicht aufs Concertino bezogen, sondern eher allgemein gehalten bzw. aufs Haydn'sche Trompetenkonzert gemünzt. Das Trp.- Konzert hatte ich als Beispiel angegeben, weil es heutzutage oftmals sehr, sehr schnell gespielt wird - vor allem der 3. Satz - und es grob in der gleichen Zeit wie das Concertino entstand. In diesen Tempi hätte Weidinger es damals auf der Klappenkanne nicht spielen können. Das "Originaltempo" dürfte also wesentlich langsamer gewesen sein, als die heute durchschnittlich verwendeten Tempi. Das Stück diente ja auch mehr der Demonstration der Möglichkeiten im tiefen und mittleren Register, die ein chromatisches Blechblasinstrument gegenüger der Naturtrompete hat.
Was mich halt interessiert, ist, wie die Interpreten damals solche Stücke wie das Concertino gespielt haben. Leider war die Schallplatte noch nicht erfunden und somit könnte man sich höchstens auf alte Einträge in Stimmen oder Partituren beziehen. Oder auf Überlieferungen, die durch die Weitergabe vom Lehrer an seine Schüler erhalten wurde. Doch ist bekannt, daß sich Anschauungen mit den Jahren ändern können oder die Erinnerungen im Laufe der Generationen eingetrübt wurden.
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