Haltbarkeit

Fragen und Antworten zu Übungsmaterial, Literatur und Aufführungspraxis,..
Diskussionen rund ums Horn,...
...

Moderatoren: Günther, sysadmins

Haltbarkeit

Beitragvon Alex » Sa 18. Apr 2009, 13:44

Ich hatte neulich ein Gespräch mit einem Instrumentenbauer über die Haltbarkeit von unlackierten Hörnern. Seiner Ansicht nach ist diese länger, als bei lackierten Hörnern. Ich setzte hierbei agressiven Handschweiß voraus. Da ja viele Wiener-Kollegen unlackierte Hörner spielen, wollte ich gerne Eure Erfahrungen mitgeteilt bekommen.
Glück Auf Alex
Alex
 
Beiträge: 10
Registriert: Do 19. Feb 2009, 08:28
Wohnort: Chemnitz

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Prof » Sa 18. Apr 2009, 15:25

Hallo Alex !
Beim Lack kommt es auf die Qualität an und auf die extrem saubere Vorarbeit, da sonst die "rote Pest" nicht lange auf sich warten läßt. Lack hat, besonders beim mit weniger schwingender Masse ausgestatteten Wienerhorn die unwillkommene Eigenschaft, in ungünstiger akustischer Umgebung stark dämpfend zu wirken. Das ist wohl auch ein Grund dafür, daß z.B. Wienerhörner kaum lackiert verwendet werden. Eine Versilberung ist etwas ganz anderes. Das Versilbern wirkt nicht dämpfend.

Bei Menschen mit aggressivem Handschweiß dürfte die Zusammensetzung der Mundflüssigkeiten höchstwahrscheinlich ebenfalls etwas aggressiver als normal sein (Annahme) !). Wenn man dann in den Pausen Getränke zu sich nimmt, die ebenfalls stark säurehaltig sind (Schorle, Wein, Cola, - am Schlimmsten ist Weinschorle !), wirkt man von außen und innen auf die Metalloberfläche negativ ein und darf sich dann nicht wundern, wenn das Horn an den stark beanspruchten Stellen mit der Zeit "durchgefressen" wird bzw. sich an den am tiefsten liegenden und dadurch dauerfeuchten Stellen die "rote Pest" ausbreitet. Das gilt für lackierte Instrumente.

Unlackierte Instrumente scheinen etwas früher "durchgefressen" zu werden, entwickeln aber kaum die "rote Pest". Physiker und Chemiker können das wahrscheinlich leicht erklären (ich bitte darum !).

Gegen den Handschweiß kann man aber etwas tun. Die Umwicklungen verhindern allerdings nichts, sie fördern sogar die Korrosion. Die einfachste Methode gegen den Handschweiß ist wieder einmal das Mikrofasertuch, das man einfach (auch im Dienst) in Reichweite hat. Man wischt einfach zwischendurch die mit den Händen berührten Stellen kurz ab. Das geht ganz schnell und unauffällig (auch im Schalbecher). Spezielle Handpflegemittel (nach Beratung durch den Hautart) könnten auch helfen. Aber, bitte in keine Manie verfallen.
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Alex » Sa 18. Apr 2009, 21:30

Hallo Hans,
Alkohol im Dienst geht bei mir gar nicht.Treffe ich keinen Ton. Ist mir ein absolutes Rätsel,wie das manche Kollegen machen.

Microfaser-Tuch benutze ich schon, also wäre es am besten unlackiert mit Microfaser-Tuch.Oder versilbern?
Also ist es ein Märchen, dass unlackierte Hörner eine Patina bilden und dann kaum noch abgenutzt werden?Ähnlich dem Tropenholz bei Garten-Möbel.
Gruß Alex
Alex
 
Beiträge: 10
Registriert: Do 19. Feb 2009, 08:28
Wohnort: Chemnitz

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Martin2 » So 19. Apr 2009, 09:16

Mal abgesehen vom Dämpfungseffekt des Lackes hieße das, daß der Lack das Messing mehr "schädigt", als der Handschweiß.
Meine Erfahrung geht dahin, daß der Lack (wenn gut verarbeitet) wesentlich zur Haltbarkeit beiträgt. Die "rote Pest" (Zinkfraß) tritt bei schlecht verarbeitetem Material eher auf, als bei Qualitätsinstrumenten. Also bei handwerlich schlecht gemachten Hörnern. Zudem ist Gelbmessing sehr viel anfälliger für Zinkfraß, als z.B. Goldmessing. In welchem Umfang das Horn von innen angegriffen wird, kann man ja höchstens im Mundrohr, in den Zügen oder in der Stürze sehen. Wenn unlackierte Instrumente gepflegt werden, halten sie auch lange, das ist klar. Eine Versilberung bewirkt beim Horn mehr Strahlkraft im ff (lt. R. Kühn) und schützt das Horn von außen. Ich hatte auch schon mal überlegt, mein Goldmessinghorn versilbern zu lassen, denn mein Handschweiß setzt dem Lack doch ziemlich zu. Bis jetzt habe ich aber davon noch Abstand genommen, weil der Lack einfach noch zu gut ist. Eine Patina setzen alle unlackierten Hörner an, auch wenn sie gepflegt werden. Mein 40 Jahre altes F- Horn ist fast schwarz (nie mit Unipol geputzt worden) aber, bis auf die Ventile, noch top in Schuß. Das mit dem Tropenholz erklärt sich aus den chemischen Verbindungen heraus, die das Holz selbst entwickelt. Das können Öle sein, aber auch, wie bei der Eiche, Gerbsäure. Im Messing sind solche Inhaltstoffe natürlich nicht enthalten. Das ist also nicht vergleichbar.
Die schädliche Restfeuchte im Horn im Horn umgehe ich, indem ich es nach dem Transport sofort aus dem Koffer nehme, nochmals entwässere und offen liegen lasse, damit die Luft durchziehen kann. Und alle zwei Monate innen gut reinigen, damit der Schmodder erst gar keine Chance bekommt. Ein Lappen und Lackschutzspray nach jedem Gebrauch läßt den lack auch länger halten.
Martin2
 
Beiträge: 507
Registriert: Fr 16. Jan 2009, 19:40

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Alex » So 19. Apr 2009, 10:20

@Martin2
Klar ,Holz-Messing kann man nicht vergleichen. Ich meinte eher den Effekt. Strahlfraft bei Silber halte ich für Einbildung. Das Problem ist bei Lack, wenn er angegriffen ist ,frißt der Schweiß unterm Lack weiter. Dann bekommt man diese blöden Furchen. Und das ist(laut R.Kühn) verschleißender , als unlackiert.
Alex
Alex
 
Beiträge: 10
Registriert: Do 19. Feb 2009, 08:28
Wohnort: Chemnitz

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Günther » So 19. Apr 2009, 11:32

Das mit den Furchen unter dem Lack kann ich bestätigen. Das ganze Ausmaß des Dramas wird erst sichtbar wenn den Lack herunter ist. Die natürliche Patina des unlackierten Horns ist eine Oxidationsschicht, welche sicherlich gut für den Erhalt des Instrumentes ist (weil chemisch nicht mehr so reaktionsfreudig).
Benutzeravatar
Günther
 
Beiträge: 396
Registriert: Mo 29. Dez 2008, 16:58
Wohnort: Weinviertel

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Martin2 » So 19. Apr 2009, 14:15

Es ist ja auch eine Frage des Lackes. Ich habs an anderer Stelle schon mal geschrieben: Die modernen Ökolacke taugen einfach nichts!
Das mit den "Furchen" stimmt allerdings. Und wenn bei meinem Horn der Lack an diversen Stellen mal durch ist, laß ich es einfach entlacken und dann bleibt es auch unlackiert. Doch das dauert noch ein paar Jährchen. Und bis dahin hat der lack ja seine Schuldigkeit getan.
Das mit der nicht reagierenden (oder weniger reagierenden) Oxydschicht ist ne interessante Theorie. Wer kann das beantworten?
Martin2
 
Beiträge: 507
Registriert: Fr 16. Jan 2009, 19:40

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Günther » So 19. Apr 2009, 20:10

Silber wird schwarz wenn es der Luft, somit auch dem Sauerstoff ausgesetzt ist. Aluminium wird künstlich (elektrisch) oxydiert um einen Oberflächenschutz zu erhalten (Eloxal). Auch das Kupferdach oxydiert an der Oberfläche und "rostet" nicht durch...
Benutzeravatar
Günther
 
Beiträge: 396
Registriert: Mo 29. Dez 2008, 16:58
Wohnort: Weinviertel

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Prof » Mo 20. Apr 2009, 10:33

Das Wichtigste ist die Sauberkeit: Hände (ich habe damit überhaupt kein Problem, da ich kaum Handschweiß entwickle), Mund, usw.
Meine unlackierten Hörner (Gelbmessing) werden nur bei Gebrauch von Griffspuren befreit und liegen dann im offenen Kasten, bis sie ganz trocken sind. Das hat natürlich auch den Nachteil, daß man sie vor dem Gebrauch einmal durchwässern muß. Dann wischt mn eben sorgfältig ab. Klar.

Bei Goldmessinghörnern tritt das Korrosionsproblem kaum auf, bei versilberten Hörnern habe ich die "rote Pest" noch nie gesehen.
Daß versilberte Hörner heller klingen oder mehr Strahlkraft zulassen, dürfte eher daran liegen, daß man sich wegen der Schönheit des Instrumentes twas mehr als sonst bemüht, weil es denn so sein soll.

Die zusätzliche Masse beim versilbertenHorn sollte im Bereich von wenigen Gramm liegen, ist die Silberschicht doch im Bereich von unter 10 my. Ob das Silber eine erhöhte Oberflächenspannung erzeugt und dadurch eine höhere Strahlkraft erzeugt, möchte ich bezweifeln, lasse mich aber vom Metallurgiefachmann gerne belehren.

Nochmals zur Haltbarkeit:
In der Zeit von 1989 - 1996 hatte ich nur ein Doppelhorn in Verwendung, für alle Dienste und Nebentätigkeiten (Soloreisen, Reisen mit anderen Orchestern, Studio, usw.). 1996 kam ein baugleiches Instrument dazu, das allerdings Ventilzylinder aus Titan hat. Selbst bei der extremen Nutzung beider Instrumente finden sich an beiden Hörnern fast keine Spuren des Gebrauchs. Das Silber ist völlig intakt und es gibt keine Dellen. Warum ? Weil ich beide Instrumente sorgfältig gehütet habe, d.h. in den Pausen in den Schrank, bei Gang in den Graben oder auf die Bühne vor der Brust getragen und mit dem linken Arm geschützt, nie auf dem Hornhaken, usw., hie und da innen gereinigt, hie und da mit Öl versorgt, nach dem Gebrauch kurz abgewischt, usw. Das erste der beiden Hörner kommt demnächst ins Museum, da mir eines der beiden Hörner für meine wenigen Auftritte im bescheidenen Rahmen reicht.
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

Re: Haltbarkeit

Beitragvon Altcorno » Mo 20. Apr 2009, 20:16

Günther hat geschrieben:Die natürliche Patina des unlackierten Horns ist eine Oxidationsschicht, welche sicherlich gut für den Erhalt des Instrumentes ist (weil chemisch nicht mehr so reaktionsfreudig).


Das Messingoxid wird an den Griffstellen beständig herunter gerieben (der Hornist sieht es an seinen Fingern). Anschließend bzw. gleichzeitig oxidiert das Horn an den Griffstellen munter weiter. Dort, wo das Instrument nicht angefaßt wird, schadet die Patina nicht, nützt aber auch nichts.

Durch das Lackieren wird der Oxidationsprozeß unterbunden, und das Instrument wird so konserviert. Bei perfekter Verarbeitung.

Klanglich mag die Lackiererei Nachteile haben. Meinem alten 103 (Goldmessing) spendiere ich jetzt nach 40 Jahren im Rahmen der Restaurierung, die gerade durchgeführt wird, die erste Lackierung - aus obigen Gründen. Übrigens, ein wahrlich teurer Spaß, wenn man's perfekt haben will.
Altcorno
 
Beiträge: 405
Registriert: Do 15. Jan 2009, 21:16

Nächste

Zurück zu WIENERHORN FORUM

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 16 Gäste