F-Hörner

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Re: F-Hörner

Beitragvon dirk » Sa 27. Jun 2015, 12:34

Ich finde es ein wenig schade, dass man auf "Exoten" wie Wiener Hörner oder franz. Piston Hörner so abfährt, während das einfache F-Horn "deutscher Bauart" immer noch als nicht ganz ernst zu nehmendes Anfängerinstrument (vor dem Wechsel zum Doppelhorn) gilt.

Woran liegt das?

Oder ist mein Eindruck hier falsch?

(Jedenfalls habe ich z.B. bei Youtube noch kein Video gefunden bei dem Anspruchsvolleres auf einem solchen Horn zu hören ist.)
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Re: F-Hörner

Beitragvon klangwelt » Sa 27. Jun 2015, 13:33

dirk hat geschrieben:Jedenfalls habe ich z.B. bei Youtube noch kein Video gefunden bei dem Anspruchsvolleres auf einem solchen Horn zu hören ist.


Lieber Dirk, Dir kann geholfen werden:
1997 hat John Eliot Gardiner mit seinem Orchestre Révolutionnaire et Romantique das Schumann-Konzertstück aufgenommen. Die Solisten (Roger Montgomery, Gavin Edwards, Susan Dent und Robert Maskell) spielen es auf "normalen" F-Hörnern mit Drehventilen, und zwar ziemlich gut...

https://www.youtube.com/watch?v=0fp8WwU3wUw
https://www.youtube.com/watch?v=tFth4kIlcEI
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Re: F-Hörner

Beitragvon dirk » Sa 27. Jun 2015, 14:06

Wunderschön!

waren das historische F-Hörner (Originalinstrumente)?
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Re: F-Hörner

Beitragvon klangwelt » Sa 27. Jun 2015, 14:16

dirk hat geschrieben:waren das historische F-Hörner (Originalinstrumente)?


Im Booklet der CD, auf der neben dem Konzertstück noch die 1. und die 4. Sinfonie sind, steht dazu nur: "Die vier Solisten des Konzertstücks spielen Hörner in F mit drei Drehventilen. Außer für das erste und zweite Horn in der Symphonie d-moll wurden für alle anderen Hornpartien dieser Aufnahmen Naturhörner eingesetzt."
Ob es sich dabei um originale Instrumente aus der Zeit Schumanns handelt oder um Nachbauten nach historischem Vorbild, geht aus dem Text nicht hervor.
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Re: F-Hörner

Beitragvon dirk » Sa 27. Jun 2015, 14:25

Danke!

Im "Wagnerjahr" hatte ich auch einmal gesehen, dass (augenscheinlich) zeitgenössische Instrumente (unter anderem alte F-Hörner mit (3) Drehventilen) eingesetzt wurden. Das klang schon etwas "anders"

Leider finde ich dazu nichts auf Youtube.

Ich persönlich besitze auch noch ein funktionsfähiges altes F-Horn von Anton Schöpf, München mit Es-Wechselbogen, ca. 100 Jahre alt. Ich liebe dieses Horn :-)
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Re: F-Hörner

Beitragvon klangwelt » Sa 27. Jun 2015, 14:35

dirk hat geschrieben:Im "Wagnerjahr" hatte ich auch einmal gesehen, dass (augenscheinlich) zeitgenössische Instrumente (unter anderem alte F-Hörner mit (3) Drehventilen) eingesetzt wurden. Das klang schon etwas "anders"


Es gibt eine Doppel-CD mit Wagner-Ouvertüren und der 3. Sinfonie von Bruckner mit den London Classical Players unter Roger Norrington aus den Jahren 1994 und 1995. Ich vermute, dass bei diesen Aufnahmen ebenfalls F-Hörner mit Drehventilen zum Einsatz kamen. Leider steht zu den verwendeten Instrumenten nichts im Booklet.
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Re: F-Hörner

Beitragvon dirk » Sa 27. Jun 2015, 14:52

Solche Aufnahmen sind aber sicher (noch) Ausnahmen.

Es wäre schön, wenn es beim "normalen" F-Horn ein ähnliches Revival geben wie beim Wiener Horn. Mehr Klangvielfalt fände ich wünschenswert.

Allerdings sind Wiener Horn und fr. Piston Horn eben auch optisch "Hingucker" während man das "normale" F-Horn wegen seiner Ähnlichkeit zum heute gebräuchlichen Doppelhorn wohl noch überwiegend als "nicht ganz vollwertiges" Instrument wahrnimmt, dem ein Ventil fehlt.
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Re: F-Hörner

Beitragvon klangwelt » So 28. Jun 2015, 17:07

Lieber Alberich,
5. Mahler auf dem Naturhorn: Das wäre natürlich Quatsch! Deswegen macht es ja auch keiner...
Aber auf dem (Wiener) F-Horn kann man das ohne weiteres spielen, wie entsprechende Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern zeigen.

https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail ... um/7520211
https://www.jpc.de/jpcng/classic/detail ... um/7921401

Und ansonsten: Entscheidend ist, was hinten rauskommt, und nicht, wie es aussieht!
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Re: F-Hörner

Beitragvon Herr Olufsen » So 28. Jun 2015, 19:48

alberich hat geschrieben:Ein doppelhorn, richtig eingesetzt, würden mind. 80 % der hier schreibenden und lesenden hornisten gar nicht erkennen.

:lol: 20 Prozent der hörenden Hornisten sind mehr als genug.

Beate_Pokorny hat geschrieben:Die van Cauvelaert Hörner mit drei Ventilen in f kannte ich bis dato noch nicht. Die Jungs spielen darauf wunderschön! Bis dato dachte ich, die Belgischen Hornisten spielten ehemals vor allem auf den typisch französischen (Doppel-)Hörnern mit ansteigendem dritten Ventil.

Mehr über das van Cauwelaert Genter Horn hier: http://www.rjmartz.com/horns/cauwelaert/index.html. Meines Wissens wurden die ersten französischen komp. Doppelhörner (cors doubles en Fa/Sib à compensation) erst im ersten Viertel des zwanzigsten Jahrhunderts hergestellt. (Peter kann mich sicher korrigieren wenn Ich mich geirrt habe).

dirk hat geschrieben:Allerdings sind Wiener Horn und fr. Piston Horn eben auch optisch "Hingucker" [...].

Eine ganze Gruppe von cors à pistons (eine Mischung von descendants und ascendants) kann man in dieser BBC Proms-Aufnahme (Les Siècles, François-Xavier Roth: Strawinsky, Le sacre du printemps) sehen und hören: https://youtu.be/rq1q6u3mLSM

MfG
Christian

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Re: F-Hörner

Beitragvon Peter » Mo 29. Jun 2015, 09:35

lieber Christian oder Herr Olufsen,
Die Gruppe Les Siècles, François-Xavier Roth: Strawinsky, Feuervogel ist für mich in gewisser weise eine Offenbarung. Man kann hören, wie schön französische Hörner vor der "Vibratomode" geklungen haben müssen. Ich habe diverse Aufnahmen aus dieser "vibratofreien Zeit" (Vuillermoz 1869 - 1939) . Das erste französische Doppelhorn ist von

Qte suprè Jerôme Thibouville-Lamy de musique de Paris et de l‘armee Fournisseur du Conservertoire national breveté S.d.g.d.
68 bis rue Rèaumur, Paris A.E.
Systéme Vuillermoz
Modell 1925 Louis Vuillermoz (Sohn von Edouard Vuillermoz

Das berühmte Modell von Selmer kam erst Anfang der 30ssiger Jahre d.l.J. auf den Markt. Ich habe ein Foto des über 60zig jährigen Edouard Vuillermoz mit dem ersten Selmermodell.
Von Lucien Thevet weiss man, dass er erst 1938 sein F-Horn gegen das Selmer-Doppelhorn vertauscht hat.

So ganz konsequent ist der erste Hornist von Les Siècles bei der Feuervogelaufnahme allerdings nicht. Er spielt seine Stimme jedoch wirklich meisterhaft aber auf einem Selmer Doppelhorn der ersten Stunde, also au einem Horn, was es 1919 (Feuervogel) noch gar nicht gab.

Die Franzosen haben ja noch bis ins 20.Jahrhundert teilweise Naturhorn gespielt. Sie übernahmen die großartigen Modulationsfähigkeiten der Hand im Schalltrichter in die Neuzeit. Bei vielen franz. Komponisten heisst z.B. bouché (m.d.Hand) gedämpft und bouché cuivre gestopft. Im Feuervogel gibt es beispielsweise sehr viele kleine Hornsoli mit der Anweisung bouché. Heutezutage wird das fast immer als gestopft interpretiert. Alle wundern sich über diesen nicht passenden näselnden Klang. Mit bouché
Gedämpft (Echoton) klingt es dagegen zauberhaft . In der Les Siècles Aufnahme kann man das gut hören. Was für ein beeindruckender Unterschied!
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