Gebrauchte Hörner

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Gebrauchte Hörner

Beitragvon Martin2 » Do 19. Mär 2009, 16:55

Liebe Horngemeinde,

liest man Anzeigen gebrauchter Hörner (oder anderer Blechblasinstrumente) so ist festzustellen, daß die Preise teils horrend sind und wahrscheinlich oftmals nicht legitim. Egal, ob das Angebot vom Händler oder von Privat kommt.
Ein fiktives Beispiel:
Doppelhorn, renomierter Hersteller, 40 Jahre alt, generalüberholt (Maschine überarbeitet, neues Mundrohr, zusätzliche Wasserklappe), lackiert, 2.600,- €

Darf man die Generalüberholung einem potentiellen Kunden überhaupt in Rechnung stellen? (Geht ja beim gebrauchten Auto auch nicht.)
Was soll die Lackierung? (Durchs Polieren wird das Blech ja noch dünner, als es bei dem Alter sowieso schon ist!)
Ein eventueller Sammlerwert ist ist durch die "Verbesserungen" ohnehin nicht mehr gegeben, da das Instrument nicht mehr dem Originalzustand entspricht.
Ein guter optischer Eindruck ist ja nicht das Wichtigste.

Mehrere Händler und Hersteller bescheinigen mir, daß ein zehn Jahre altes Doppelhorn (Qualitätshersteller) maximal die Hälfte des damaligen Listenpreises kosten darf. Guter Zustand vorausgesetzt. (DM / Euro- Umstellung beachten!)
Ergo: Die Preis- Wertigkeit der meisten Gebrauchten ist nicht gegeben.

Was sind Eure Meinungen / Erfahrungen auf diesem Gebiet?
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon Thomas » Do 19. Mär 2009, 21:37

Ein gebrauchtes Horn ist genau das wert, was jemand dafür bereit ist zu zahlen.
Ob noch der Originalzustand gegeben ist, oder bereits Teile ausgewechselt wurden muß für den Preis ebenfalls nicht unbedingt von Bedeutung sein.
Ich hätte zB. bei meinem alten Kruspe das marode Mundrohr auch auswechseln lassen, wenn es noch original gewesen wäre, weil mir an einem spielfähigen Instrument gelegen ist und nicht an einem, das ich bestenfalls noch in die Vitrine stellen kann.

Den Preis für ein gebrauchtes Instrument bestimmt "der Markt" und nicht die Meinung des Herstellers, was ein solches Produkt wert sein "dürfe".
Es wird ja niemand gezwungen zu kaufen.
Wäre ich letztes Jahr bereit gewesen, mein 22 Jahre altes Mönnig Doppel zu verkaufen, hätte ich einen höheren Preis erzielen können, als ich damals für das neue Instrument bezahlt habe.
(Inflation nicht berücksichtigt)
Schüler Instrumente sind gebraucht aufgrund der "China Neu" Konkurrenz recht günstig zu bekommen. Bei Profi Instrumenten siehts anders aus. Gerade gefragte Modelle wie ein (gutes) Alexander 103 bekommt man eigentlich immer zu einem guten Preis verkauft.
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon Martin2 » Fr 20. Mär 2009, 00:22

Zugegeben, echte Sammlerobjekte interessieren den normalen Benutzer wenig, der will ein spielfähiges Horn. Das ist richtig.
Bei den aktuellen Preisen für neue Qualitätsinstrumente verschlägt es z.B. den Eltern (nicht nur meiner Schüler) den Atem. Wenn man dann auf Gebrauchte verweist, die zwar noch gut, aber halt recht alt sind und der Preisunterschied zu einem neuen Horn nur um die 20-30% beträgt, wer kann sich als Normalverdiener das noch leisten? Dazu kommen ja noch die ständigen Instandhaltungskosten, die ein solch altes Schätzchen verlangt. Selbst ein gutes "Schülerhorn" sprengt meist den finanziell machbaren Rahmen.
Du schreibst "was der Markt hergibt". Würde man einen 30 Jahre alten Mercedes für 20.000,- € anbieten, fände man wohl kaum einen Käufer.
Meine Erfahrung auf diesen Gebiet: Es wird leider zuviel Schrott (bei nähere Betrachtung) zu völlig unrealistischen Preisen angeboten. Aber anscheined gibts genügend Unwissende, die darauf eingehen. Soll man da lachen oder heulen?
Der Dumme ist in jedem Fall der Anbieter eines wirklich guten Horns. Denn die "schwarzen Schafe" sorgen dafür, daß hier kein Unterschied mehr gemacht wird. Zudem wird zu häufig betrogen! Vor allem, was das Alter der Instrumente angeht. Ein Bekannter präsentierte mir neulich stolz sein Superschnäppchen, das angeblich erst acht Jahre alt wäre. Äußerlich ein sehr gut erhaltenes und generalüberholtes Horn; neu lackiert. Ein Blick auf die Seriennummer und in meine "gesammelten Werke" ergab das Baujahr 1986! Maschine zerlegt und mit Daumendruck das Mundrohr mal abgefahren: Die angebliche Überholung der Maschine und das angeblich neue Mundrohr waren glatt gelogen! Das Mundrohr war derart marode, daß man es zwischen Daumen und Zeigefinger zerquetschen konnte und die Maschine hätte dringend neuer Oberlager bedurft.
Was ich damit sagen will: Ich glaube, daß die Anzahl unseriöser Angebote in diesem Segment unverhältnismäßig hoch ist. Der Depp ist der Kunde, der wenig oder keine Ahnung hat und gezwungen ist zu glauben, was der Anbieter ihm erzählt.
Letztendlich betrifft uns das alle, denn die Glaubwürdigkeit und das Vetrauen gehen verloren. Und wer von uns hat nicht schon einmal ein Horn verkauft? Es betrifft ebenso die seriösen Händler.
Klar, niemand wird gezwungen, zu kaufen. Aber ist das eine Entschuldigung oder gar eine Rechtfertigung für solche Angebote?
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon Thomas » Fr 20. Mär 2009, 13:44

Natürlich gibt es auch völlig überteuerten Schrott zu kaufen.
Ich würde aber selber zB. auch nie ein gebrauchtes Auto kaufen, ohne die Meinung eines Fachmanns eingeholt zu haben. Daher warne ich meine Schüler, bzw deren Eltern immer dringend davor, auf eigene Faust ein Instrument zu kaufen.
Gebrauchte teste ich zuerst auf Ansprache und Intonation und bring sie dann noch kurz bei meinem Blechblasinstrumentenmacher vorbei um sicher zu gehen, daß das Horn auch von der Substanz her noch in Ordnung ist.

Die Preise für neue (deutsche) Hörner sind gesalzen und kontinuierlich gestiegen, während der normale Arbeitnehmer seit über 10 Jahren Reallohnverluste in Kauf nehmen mußte. ( Auch im letzten Jahr übrigens, aber das ist ein anderes Thema. :evil: )
Und der Preis für Gebrauchte orientiert sich natürlich auch am Neupreis.
Aber verglichen mit einigen anderen Instrumenten ( zB. einem Fagott oder einem Satz Klarinetten ) sind Hörner noch relativ erschwinglich.
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon Martin2 » Fr 20. Mär 2009, 17:42

Im Vergleich mit anderen Instrumenten sind Blechblasinstrumente immer noch recht günstig. Stimmt! Aber Äpfel sollte und kann man nicht mit Birnen vergleichen. Ein Horn, daß vor 30 Jahren neu 3.800,- DM kostete, kann man doch heute nicht für 2.500,- € (5.000,- DM) verkaufen. Wo bitteschön, liegt die Begründung für derartigen Wucher? Das Teil wird durch die Benutzung ja nicht besser und folglich verfällt der Wert. (Ich spreche hier nicht von Raritäten.) Und "generalüberholt" heißt doch in Wahrheit, daß die Kanne so hinüber war, daß ohne die Überholung nichts mehr ging. Also ist dieser Terminus in meinen Augen eher ein Makel, denn ein Grund, daß Teil zu kaufen. Außen hui und innen pfui. Ich kenne niemanden, der aus lauter Blödsinn eine teure Generalüberholung machen läßt.
Das manche Käufer blind zulangen, ist leider auch häufig der Fall. Aber hier liegt das Kernproblem: Der Kunde, der vielleicht niemanden kennt, der ihm helfen könnte oder die Oma, die dem Enkel etwas besonderes zur Konfirmation oder zum 18. Geburtstag schenken will, müssen sich auf das verlassen können, was der Anbieter Glauben macht.
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon Thomas » Fr 20. Mär 2009, 21:08

Deiner Interpretation von "Generalüberholung" stimme ich nicht zu.
Die Hörner vieler hiesiger Orchesterhornisten werden alle 2 Jahre überholt.
Das halte ich zwar auch für übertrieben, aber meins habe ich in 22 Jahren immerhin 3 mal komplett überholen lassen und zwar ohne das es jemals zuvor "hinüber" war.

Generalüberholungen sind für mich ein selbstverständlicher Teil der Wartung des Instrumentes.
Irgendwann nerven mich halt auch kleine Beulen, der Lack hält sowieso nicht ewig und der Maschine tut eine Grundreinigung auch gut.

Mein Mönnig habe ich 1987 für 4900,- Mark gekauft und hätte es 2008 für 2800 Euro ( ca 5470 DM )verkaufen können. Der Betrag ist mir ohne Verhandeln angeboten worden, hätte ich Interesse an einem Verkauf gehabt, wäre noch mehr drin gewesen.
Ein gutes Horn ist also auf alle Fälle viel wertstabiler als der ganze Elektroschrott mit dem man sich heutzutage die Bude zustellt. :mrgreen:
Man darf allerdings nicht vergessen, daß 4900 Mark 1987 eine wesentlich höhere Kaufkraft hatten, als heute 2800 Euro.
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon Martin2 » Sa 21. Mär 2009, 14:09

Was den Elektroschrott angeht, stimme ich Dir völlig zu!
Und die Wertigkeit des Geldes ist auch passe.
Wenn Dir jemand einen so hohen Betrag für Dein Mönnig geboten hat, ist das ok. Zumals dann, wenn das Horn in einem tadellosen Zustand ist. Doch solche gut erhaltenen Instrumente sind nicht die Regel. Auch nicht bei Hörnern, die professionell genutzt wurden und somit einem schnelleren Verschleiß unterliegen, als Instrumente, die aus Laienhand kommen. Es kommt halt darauf an, wie das Horn gepflegt wurde. Unter "Generalüberholung" verstehe ich, daß das Horn komplett zerlegt (auseinander gelötet) wird und mit eventuell benötigten Neuteilen (z.B. Mundrohr, Ventilzügen, etc.) wieder zusammengebaut wird. Die "normalen" Wartungsintervalle verstehen sich von selbst.
Ein anderes Beispiel: Ein 5-ventiliges B-Horn, August Knopf (das Mindestalter kann man sich also ausrechnen), Messing, nicht lackiert (Blech entsprechend dünn), Höhenspiel in allen Ventilen, neues Alexander- Mundrohr (vom Mod. 90) für sage und schreibe 2.200,- € anzubieten ist ein Witz. Angeblich "generalüberholt"! (Das Mundrohr wurde nicht von Alex drangebastelt!)
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon Hödlmoser » Sa 21. Mär 2009, 14:39

Hallo Martin!
Unter Generalüberholung verstehe ich KEIN Austauschen von Rohrteilen, schon gar nicht vom Mundrohr. Bei Alexander wollten die das bei meinem 1968-103er schon mal machen. Dagegen muß man sich wehren, wenn man den Klang seines Hornes liebt. Mein Mundrohr wurde schon zweimal von einem Knick geheilt. Fünfzehn Zentimeter vom Mundstück entfernt. Ein guter Instrumentenmacher kann das. Es wäre mir nie eingefallen, deswegen das Mundrohr auswechseln zu lassen. Nach der letzten Generalüberholung beim Hersteller ging das Horn nicht mehr, da ein Haarriss im Hauptstimmzug entstanden war. Auch hier ließ ich nur die Stelle flicken und nicht den Bogen des Stimmzugs austauschen, wie es vom Meister empfohlen worden war.
Ein Horn ist kein Auto, bei dem man einfach beschädigte Teile austauscht.
LG Hödlmoser
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon Thomas » Sa 21. Mär 2009, 16:30

Hallo Martin!
Mein Horn IST in einem sehr guten Zustand, obwohl ich es intensiv (beruflich) nutze.
Ich hab es immer pfleglich behandelt, geölt, gefettet und anscheinend weder aggressiven Handschweiss noch sonst irgendwelche korrosionsfördernde Ausdünstungen. :mrgreen:

Es ist dreimal Generalüberholt worden ( inklusive auseinandernehmen), aber bis auf das bei einem kleinen Unfall irreparabel beschädigte Schalltrichter Gewinde sind alle Teile noch original. Das Messing Mundrohr ist auch noch in sehr gutem Zustand. (Hoch lebe die alte Messing Legierung. )

Es gibt natürlich wirklich völlig fix und fertige Hörner auf dem Markt. Bei ebay zB. immer wieder uralt Alex aus Bulgarien die bestenfalls noch als Deko taugen und trotzdem zu Phantasie Preisen angeboten werden.
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Re: Gebrauchte Hörner

Beitragvon kronihorn » Sa 21. Mär 2009, 17:22

Zu dem "hochgelobten" Mönnig Doppelhorn. Auch ich habe mir als Amateur vor 3 Jahren im EBAY ein gebrauchtes Doppelhorn von Mönnig gekauft um 2000 Euro. Es war in einem sehr guten Zustand, generalüberholt und von Fa. Müller lackiert worden. Zum ersten ist es das Doppelhorn mit dem ich am besten zurecht komme. Auch gibt es bis jetzt nicht einen Korrosionspunkt. Die Maschinen sind hervorragend. Das Horn ist sicher schon fast 50 Jahre alt. Von der Qualität her unübertroffen. Es stimmt sehr gut. Ich würde mich nicht mehr davon trennen.
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