Zungenproblem

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Re: Zungenproblem

Beitragvon mone » Sa 30. Mai 2009, 14:20

Lieber Prof,

meine Eltern haben mich halt noch nicht mit 4 Jahren ein Instrument lernen lassen bzw. nicht dazu gezwungen und sie spielen auch kein Instrument.
Dass meine ersten 7 Jahre Hornunterricht ziemlich verkorkst waren, habe ich erst danach bemerkt.Als Kind und Nichtmusiker als Eltern vertraut man halt dann dem Lehrer. Aber leider sind auf dem Markt ein paar studierte Pädagogen unterwegs, die keine Ahnung von Technik und Hornspielen haben.
Somit musste ich vor vier Jahren meine komplette Technik/Ansatz umlernen bzw. lernen. Bin ja schon mal sehr froh, dass ich mich damals durchgesetzt habe und den Jungstudentenplatz bekommen habe. Also kann es nicht so schlecht geklungen haben.
Das Problem mit der Zunge ist halt jetzt noch ein Überbleibsel, was ich in Angriff nehmen muss.
Dabei bin ich auf der Suche nach mehreren Lösungen, die zum richtigen Gefühl hinführen.
Es bringt mir leider überhaupt nichts, wenn man mir Lösungen von anderen Lehrern abempfehlt, aber keine besseren Lösungen gibt.
Und ich alleine kann dann zehn Jahre analysieren, wie es am Besten funktionieren könnte und weiß im Prinzip immer noch nicht, ob es richtig ist. Manchmal hilft dann auch kein Fleiß mehr weiter.

Erinnert mich an mein Problem mit der Tiefe. Zwei Professoren meinten, dass musst du einfach üben. Nach einem viertel Jahr war es dann frustrierent für mich, da die Tiefe immernoch genauso schlecht war wie vorher.
Konnte mir dann wieder Anpfiff abholen, dass ich die Tiefe nicht üben würde, obwohl es überhaupt nicht stimmte.
Jedenfalls stellte sich heraus, dass es so, wie ich es probierte nicht gehen konnte - lag nämlich ein technischer Fehler zugrunde. Da hätte 10 Std. üben am Tag auch nichts genützt.

Freue mich immernoch über gute Lösungsansätze und Tipps!

vg
mone
 
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Re: Zungenproblem

Beitragvon Thomas » Sa 30. Mai 2009, 14:46

Hallo Mone!
Hätte Dein erster Lehrer wirklich gar keine Ahnung von Technik und vom Hornspielen gehabt, hättest Du es nie zum Jungstudenten gebracht.
Ob das, was dein Lehrer Dir beigebracht hat tatsächlich ganz falsch war, oder vielleicht nur einer anderen Schule entspricht, als der, die der jeweilige Prof unterrichtet ist manchmal die ganz große Frage.
Ich habe jedenfalls diese Erfahrung zu Beginn meines Studiums gemacht. Manchmal lohnt es sich mehr als eine Meinung einzuholen.
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Re: Zungenproblem

Beitragvon Prof » Sa 30. Mai 2009, 15:45

Mone, es nützt überhaupt nichts, wenn Du Dir einredest, Du hättest den Jungstudentenplatz bekommen, "weil es gar nicht so übel geklungen hätte". Merke Dir, unter den Einäugigen ist der Blinde König. Es geht jetzt nur um eine ehrliche, realistische Einschätzung Deiner Lage. Nichts kann so einfach Hoppla-Hopp bewältigt werden. Könnte es nicht auch sein, daß Du die Anweisungen Deines früheren Lehrers nicht ganz verstanden hast ?

Übrigens, ich wurde nicht dazu gezwungen, ein Instrument zu lernen. Ich bin auch schon während der Volksschule (= Grundschule) ziemlich oft auf der Bühne gestanden (nicht mit einem Instrument), sogar in kleinsten Sprechrollen in Operetten. Auch freiwillig. Bekam ja auch eine bescheidene Gage dafür.

Ich habe Dir Dein Arbeitspensum beschrieben. Mache es einfach so. Laß den schnellen Stoß (gemeint ist der repetierende Stoß). Es bringt im Moment nichts. Erst muß ein blitzschneller Anstoß eines jeden beliebigen Tones auf Dein Kommando hin IMMER funktionieren. Also selbst beim Töneaushalten immer vorzählen: "Drei-Vier. Los !" . Verstanden. Bei Drei-Vier in den Ablauf einklinken und bei Los spielen, d.h. Abstand zwischen Vier und Los ist gleich lang wie bei Drei & Vier. Probier es einfach aus. Mittlere Töne (g unter dem System bis d2 = 2.Linie von oben) , tiefere (bis zum notierten "c" (unter der vierten Hilfslinie) und höhere bis zum "g2" (oben auf der oberste Linie). Basta ! In jeder Dynamik vom pp bis zum sffz. Vielleicht ist Deine Zunge auch nicht locker, weil Du durch die Schneidezähne hindurch stößt. Die Luft braucht nicht "nach vorne gestoßen zu werden". Zunge und Gaumen formen ein Ventil, das Luft rausläßt und nicht hinausschiebt oder pumpt. Diese Weisheit muß erst in Deinem Kopf verankert werden, sonst geht überhaupt nichts weiter.

Das viele analysieren und herumtüfteln hilft nichts, aber auch gar nichts. Einfach so machen und Schluß. Keine Umwege. Und natürlich über jeden noch so kleinen Erfolg freuen. Das gehört unbedingt dazu. Und weitermachen. Woraus besteht denn Deine "Ausrüstung" überhaupt (Horn, Mundstück). Wie sind Deine Lippen beschaffen (dick und fleischig, dünn, schmal - und die Muskeln im Mundwinkel rechts und links ? Wie sieht es mit dem "Gehege Deiner Zähne" (Zitat aus dem Griechischen) aus (Stellung, Flächigkeit, Oberbiß oder Unterbiß) ? Übst Du im Stehen ? (bestens) oder im Sitzen (dann über Eck sitzen) ? Wie ist die Stellung des rechten und linken Arms ? (bitte genau beschreiben). Wie groß ist der Winkel zwischen Mundrohrachse (Mundrohr durchs Mundstück) und Mundachse (vom Zäpfchen bis zwischen die Schneidezähne) ?

Ist es denn wirklich notwendig, alles bis ins Kleinste zu erklären, damit man nicht mißverstanden wird ????? Langsam wird es amerikanisch !?

Jage jetzt den inneren Schweinehund beiseite und beantworte obige Fragen, damit man weitersehen kann, wie man Dir helfen könnte.
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Re: Zungenproblem

Beitragvon Peter » Sa 30. Mai 2009, 17:36

Möchte auch meinen Senf dazu geben:
Die Zunge ist das Haupt Artikulationswerkzeug. Den Begriff artikulieren kommt aus der Linguistik und bedeutet deutlich aussprechen. Das wir diesen Begriff auch in der Musik verwenden, zeigt die Verwandtschaft zur Sprache. Beispielsweise kann man damit auch die unterschiedlichen nationalen Hornschulen erklären. Ein Franzose wird immer etwas nasaler artikulieren und ein Tscheche immer etwas spitzer.

1. Der Ansatz muss stimmen (im Sinne von Farkas)
2. deswegen viel o h n e Zunge üben auf ha-ha-ha oder mit dem stark tabuisierten Glottisschlag a-a-a (wenn man eine Tonleiteiter stacc.pfeift) probieren
3. die Zunge wie beim Sprechen oder Singen benützen
4. mit Metronom üben

Viele Bläser artikulieren zu spitz t-t-t-. Besonders Menschen mit einer langen Zunge (lispeln, anstoßen) neigen zu dieser Unart Eine Tonleiter z.B. in einem Mozartkonzert spitz gespielt (ta-t-t-t-t-t-t-ti) klingt in meinen Ohren unelegant. Eine etwas weichere Artikulation (da-d-d-d-d-d-d di) klingt da besser. Die weichste Artikulation wäre (na-n-n-n-n-n-n-ni) wird oft Legatostoß genannt. Hier liegt wohl die Begründung, warum in so vielen Editionen des 19. Jahrhunderts so vieles mit für uns heute unverständlichen Legatobögen gedruckt wurde (z.B. Mozart 407 = Urtext veschollen). Man hatte damals ein anderes Verständnis von legato als wir heute. (Ohne Loch, aber mit Zunge) Auch ist der Anstoß Dynamik abhängig. Im forte ist ta besser und im piano da Man stelle sich nur mal den Beginn der Oberon-Oouverture mit einem harten ta vor Absurd! Nein, hier wäre das na am Besten.

So gut wie ich Ifor James Zungenstoß Erklärungen in youtube auch finde, es fehlt mir doch der Hinweis auf die versch. Artikulationsweisen und übrigens auch auf die Vokalfärbungen - alles Dinge, die man, wenn man von der Sprache kommt, mit einbeziehen muss.
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Re: Zungenproblem

Beitragvon Prof » Sa 30. Mai 2009, 17:59

Oberon stößt man überhaupt nicht an. Man fängt einfach an, indem man sich "hineinschleicht" oder "aus dem Nichts hineinhaucht" so ganz ohne Zunge ..... aaah-ah-aahhhhhhhhh ...... Das geht aber nur bei sehr lockerem Ansatz und am Besten auf dem F-Horn - mit allem Nervenkitzel, versteht sich. Aber das sind ja noch Welten bis dahin ..... hier geht es darum, den ganzen von allen Seiten erzählten Krampf abzuschütteln und neu anzufangen.

Peter, Deine Beispiele mit aaaa - oder naa - ausgezeichnet ! Grüße mir die Freunde rund um Dr.Faust, bitte.
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Re: Zungenproblem

Beitragvon Andre » Sa 30. Mai 2009, 19:49

Prof hat geschrieben:Aber das sind ja noch Welten bis dahin ..... hier geht es darum, den ganzen von allen Seiten erzählten Krampf abzuschütteln und neu anzufangen.


So ist es! Ich habe nach dem Studium meinen Ersatzdienst geleistet, und in dieser Zeit so gut wie keine Musik gemacht. Danach habe ich mich neu geordnet, und viele alte Mechanismen über Bord geworfen. Dummerweise funktionierte Anfangs weder die alte noch meine neue Technik und mich hat´s sprichwörtlich ein paar Mal richtig auf die Fresse gehauen. Mittlerweile läuft es ganz gut und ich kann jedem nur raten, öfters den eigenen Kopf einzuschalten, als blind auf den Rat anderer zu vertrauen.
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Re: Zungenproblem

Beitragvon Hödlmoser » Sa 30. Mai 2009, 21:19

Hallo mone!
Falls Du die Möglichkeit hast, bei einem Workshop von Professor Erich Penzel dabei zu sein, würde ich Dir raten, ihm Dein Problem zu zeigen und mit ihm zu sprechen. Der Mann hat was drauf, was Ansatzanalyse und Ansatzprobleme betrifft. Er war vor einigen Wochen hier in Linz.
Alles Gute und liebe Grüße vom Hödlmoser
ps. und wenn alles nicht hilft, weißt eh, RayWeck hilft immer: :twisted:
http://www.beesign.at/erdstrahlen/reloa ... elung.html
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