Rohrlänge

Fragen und Antworten zu Übungsmaterial, Literatur und Aufführungspraxis,..
Diskussionen rund ums Horn,...
...

Moderatoren: Günther, sysadmins

Re: Rohrlänge

Beitragvon Altcorno » Mi 25. Jun 2014, 22:45

Prof hat geschrieben:Die Rohre a la Angaben von Herrn Schramm etwas "zu kurz" zu halten, dafür aber mit
längeren Zügen (längerer Schaft, damit auch weiter ausgezogen werden kann), hat den
Vorteil, daß man auch bei "zu kalter" Raumtemperatur stimmen kann. Die Betonung
liegt auf "kann". Wenn das Horn mit komplett eingeschobenen Zügen gerade stlmmt, hat
man nicht die Möglichkeit, sich an kältere Temperaturen anzupassen.

Es gibt nur eine Methode, die immer paßt: gut zuhören und dann die Grundstimmung
anpassen und die Ventilzüge ebenso einrichten. Was ist dabei so schwer ?
Ich weiß es schon. Zuhören und anpassen !! Das kann nicht oft genug gesagt werden.
Gehör und Musikalität kann man eben nicht kaufen. Das Horn ist kein Computer !!!
Und "Der Idiot steht immer hinter dem Instrument !"

Ich hatte einmal einen Kandidaten in einer Masterclass in Japan, der mit total
eingeschobenen Hauptzügen (F & B) spielte. Auch die Ventilzüge waren bis zum
Anschlag eingeschoben. Die Stimmung könnt Ihr Euch vielleicht vorstellen. Ich fragte ihn,
warum er das täte. Antwort: die Tylsar-Brüder seien sein Vorbild. Sie würden das auch so
machen. Das kann ich mir bei diesen Ausnahmshornisten, mit denen ich jahrzehntelang
freundschaftliche Beziehungen pflegte, nicht vorstellen. Es könnte auch sein, daß das
starke Vibrato das übertünchte. Ich habe dem Kandidaten jedenfalls gesagt, daß er
"so" keine Chancen hätte, jemals in einem Berufsorchester zu landen.


Meine Horrorvorstellung ist, im Winter in einer eisigen Kirche, die 30 Min. vor der Aufführung angeheizt wird, mit einer Orgel, gestimmt auf 435, aber in sich nicht stimmend, zusammen zu spielen. (Dazu bitte noch unendlicher Hall.)
Ich lehne solche Mucken inzwischen ab, da es einfach intonationsmäßig für mich nicht machbar ist. Welche praktischen Hinweise könnt Ihr dazu geben?

Gruss,
Altcorno
Zuletzt geändert von Altcorno am Do 26. Jun 2014, 19:33, insgesamt 1-mal geändert.
Altcorno
 
Beiträge: 409
Registriert: Do 15. Jan 2009, 21:16

Re: Rohrlänge

Beitragvon Prof » Do 26. Jun 2014, 18:02

Was soll denn eine Stimmung 335 ??? Hast Du Dich da nicht vertippt ? Wohl als 435 gedacht.
Na, alle Züge ausziehen und, wenn es dann noch nicht reicht, alle Züge rein und eventuell nach E
transponieren. Nimm genug Zielwasser (40%-ig) mit. Das taut die eingefrorenen Lippen auf
(vielleicht). Wir haben das als Studenten mit Meßwein geschafft.

Ich erinnere mich an ein Turmblasen zum Beginn des Neuen Jahres, eben kurz nach Mitternacht.
Da mußte man dass Mundstück in die Tasche stecken oder mit der Hand immer wärmen, sonst
ist man bei -10 angefroren und hat sich Fetzen von den Lippen abgerissen. Einmal passiert, daraus
gelernt und nie wieder (siehe oben !). Natürlich waren die Wienerventile eingefroren. Da mußte
dann die Naturhorntechnik helfen. Stimmung ? War egal. Den anderen Blechbläsern im Quartett ging es wie mir.
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

Re: Rohrlänge

Beitragvon Hödlmoser » Do 26. Jun 2014, 18:07

Meine Frage war ziemlich verständlich ausgedrückt:
Liebe Freunde des Horns!
Von einem jungen Hornfreund hörte ich eben, dass ein Horn mit engerer Zylindermensur länger sein muss als eines mit weiterer Mensur. :o

Danke Peter für den einzigen, wirklichen Beitrag zu meiner Fragestellung.
Prof:
Ich hatte einmal einen Kandidaten in einer Masterclass in Japan, der mit total
eingeschobenen Hauptzügen (F & B) spielte. Auch die Ventilzüge waren bis zum
Anschlag eingeschoben.

Vielleicht war das Horn noch für a=440Hz gebaut?
Außerdem: Bei allen Zügen drin gibt es weniger Mensurveränderungen im Zylinderteil! ;)
Lieber Prof, bitte, auf diesen letzten Satz ist keine Antwort erwünscht!
Meine Frage ist sehr eindeutig!
Erweiterte Frage: Muss ein Horn mit Zylindermensur 9,35mm innen länger sein als ein Horn mit moderner 12mm-Mensur?
LG vom Hödlmoser
Hödlmoser
 
Beiträge: 367
Registriert: Mi 28. Jan 2009, 23:01
Wohnort: Oberösterreich

Re: Rohrlänge

Beitragvon Prof » Do 26. Jun 2014, 20:30

Lieber Hödlmosarischa !
Die originale Frage ist ja sehr interessant, aber doch eher für einen Akustiker geeignet als
für Laien. Ist aber nicht bei unseren Blechblasinstrumenten eher eine Longitudinalwelle
die tontragende Welle und nicht eine Transversalwelle.

Zu Deinem Zitat mich betreffend kann ich nur sagen, daß Du von den Gegebenheiten In Japan
doch recht wenig Ahnung hast. Die Schüler und Studenten dort sind dort meist viel besser aus-
gestattet als hier in Europa. Von wegen a=440er Stimmung. Die Japaner leben doch nicht in der
hornistischen Steinzeit. Du solltest die jüngeren Hornisten in Japan, Korea oder China oder
Taiwan hören können. Da schlackern die Ohren. Kraft, Intonation, Durchhaltevermögen, usw.

Trotzdem wäre es jetzt sehr gut, wenn sich ein Akustiker betreffs der Theorie der Blechblasinstrumente
einmischen könnte, damit wir neben der empirischen Erfahrung auch die Theorie kennen lernen können.
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

Re: Rohrlänge

Beitragvon Günther » Fr 27. Jun 2014, 08:27

Hier gibt es einen Link mit Quellenangabe dazu:

http://de.wikipedia.org/wiki/Grundstimmung_%28Blasinstrument%29
Benutzeravatar
Günther
 
Beiträge: 403
Registriert: Mo 29. Dez 2008, 16:58
Wohnort: Weinviertel

Re: Rohrlänge

Beitragvon Peter » Fr 27. Jun 2014, 09:31

lieber Günther,
ich habe diesen wikipedia-Eintrag gelesen.,
Leider stimmen die dort angegebenen Maße (viel zu kurz), zumindest bei Waldhörnern, nicht mit der Wirklichkeit überein. Das hängt von dem teils zylindrischen, teils konischen Weiten-Mensurverlauf ab. Wahrscheinlich hat der Schreiber dieses Eintrages nur die Schramm' schen Maße übernommen.

Nun könnte man sagen - ganz im Sinne vom Prof.: Es ist doch egal, wie lang die Röhren -einschließlich der Ventilzuschaltungen - sind, Hauptsache die Tonhöhe stimmt.

Wenn man aber etwas tiefer in die Materie steigt, dann gibt es doch manches andere zu bedenken. Z.B. ist der Grundton beim B-Horn weit ausserhalb der Norm. Jeder Bläser weiss, dass das große F (auf dem B-Horn Grundton) in alle Richtungen beim Blasen verschoben werden kann.
In der Konsequenz wird man Oktavierungen zum Einjustieren nehmen. Aber auch der 2. Oberton hat noch viel Spielraum. Erst der 8.Oberton hat so wenig Spielraum, dass man ihn zum Einstimmen benützen kann.

Als nächstes muss man auf die zwangsläufig auftretenden Oberton-Verzerrungen hinweisen, die aber unterschiedlich groß sind.
Der Instrumentenbauer braucht die Längen der Instrumente und die der Ventilschlaufen. Er kann doch nicht einfach drauf los bauen um dann anschließend im Sinne vom Prof. alles mit "den Ohren" zu testen um dann festzustellen: es ist zu hoch(zu kurz) oder zu tief (zu lang). dann müsste er evtl. das Instrument unter dem Diktat seiner empirisch gewonnenen Maße neu bauen.

Mein Freund Cornford baut als "Einzelkämpfer" durchschnittlich 70 Hörner pro Jahr. Er fertigt diese auf Grund meiner Längenberechnungen. Würde er die Instrumente nach oben beschriebenen Gusto bauen, könnte er wahrscheinlich nur die Hälfte herstellen und wäre damit nicht überlebensfähig.
Die Instrumente stimmen hervorragend, sogar besser als manch andere berühmte Modeinstrumente, die halb industriell gefertigt werden

Ich wiederhole mich: Was ist bezüglich der Längenberechnung mit der Hand im Schalltrichter, was ist mit dem Mundstück? Mundstück und Hand im Schall sowie Weitenmensur wird bei meiner trickreichen Berechnung vollkommen berücksichtigt! Das engere oder weitere Instrumente leicht unterschiedliche Maße haben ist richtig, aber nur imm Millimeterbereich.

Ih bin mit meiner Methode der Berechnung bisher sehr gut gefahren.

Und damit bin ich wieder bei Hödlmosers Fragen, die man nicht so einfach - mit dem Hinweis "nimm die Ohren, so Du hören kannst zur Hilfe" - abbügeln kann.
Benutzeravatar
Peter
 
Beiträge: 824
Registriert: So 3. Mai 2009, 23:26

Re: Rohrlänge

Beitragvon Prof » Fr 27. Jun 2014, 12:03

Lieber Peter !

Deine Antworten sind nicht so einfach hinzunehmen, auch wenn ich Deine Mühe bewundere.
Meine Bemerkung bezüglich des "Hörens" bezog sich doch darauf, daß viele Nutzer der Instrumente
meinen, sie bräuchten nur diesen oder jenen Griff zu nehmen, um alle Noten stimmend zu erreichen.
HIER ist das Ohr gefordert, denn auch beim völlig durchkonstruierten Horn muß je nach Spielweise,
auch abhängig von den anderen Akkordtönen der Mitspieler korrigiert werden. Ein guter Musiker muß
in der Lage sein, sich in den Gesamtplan so einzubringen, daß der gesamte Akkord stimmt. Das geht aber
beim sturen Verlassen auf das "doch perfekte Instrument" nicht, denn "da ist man dann verlassen".

Also, sehr gutes oder möglichst gut stimmendes Instrument (perfekt gibt es nicht !) und GENAU zuhören
und spontan die minimalen Abweichungen korrigieren.

Die Instrumentenbauer, die für mich gebaut haben, haben das Instrument wohl genau berechnet, wie es
auch die Ethik der Instrumentenbauer fordert. Meine Änderungen betrafen ausschließlich den Verlauf
des Mundrohres und den Verlauf des Schallbechers, allerdings in Anlehnung an mein Wienerhorn. Da
wurde nichts, wie Du vielleicht unterstellen könntest, so über den Daumen entschieden. Es mußte
letztlich alles quasi ohne jede Ansatzkorrektur oder Korrektur der Handhaltung, ohne vorheriges Ein-
spielen bestens funktionieren. Sicher für viele schwer vorstellbar.

"Nun könnte man sagen - ganz im Sinne vom Prof.: Es ist doch egal, wie lang die Röhren -einschließlich der Ventilzuschaltungen - sind, Hauptsache die Tonhöhe stimmt."

Den Satz nehme ich Dir aber denn doch nicht ab. Man kann Bemerkungen immer manipulieren, aber nicht so.
Die Technik ist doch nur die Voraussetzung, auf der der Bläser aufbauen muß und auf die er sich auch verlassen muß.
Dazu kommt dann die persönliche Spieltechnik, bei der die Ohren gefragt sind. Jetzt sind wir wahrscheinlich wieder beisammen.

Trotzdem ist Hödlmosers Frage noch immer nicht beantwortet. Dr.R.Pyle würde sie beantworten können.
Prof
 
Beiträge: 1273
Registriert: Do 15. Jan 2009, 20:04

Re: Rohrlänge

Beitragvon Günther » Fr 27. Jun 2014, 13:46

Hallo Peter,

lassen wir erst einmal die absoluten Längenangaben beiseite. Interessant finde ich die Aussage: Je enger desto länger für die gleiche Grundstimmung. (Vergleiche F-Horn/F-Tuba) Damit wäre die Aussage von Hödlmosers jungem Hornfreund eventuell bestätigt. Wir reden ja vermutlich immer von der Länge der Mittellinie. Ich schließe aber einen Einfluss der Bauform (Krümmungen) aber nicht aus. Möglicherweise ist diese nicht auschlaggebend für die Grundstimmung, sondern die Länge am inneren Radius.
Zu den Längenangaben fehlt mir die Angabe der Stimmung. Auf welcher Stimmung sollte heutzutage ein Horn sein, wenn der Hauptstimmzug ganz drinnen ist und wir von Zimmertemperatur ausgehen?
Benutzeravatar
Günther
 
Beiträge: 403
Registriert: Mo 29. Dez 2008, 16:58
Wohnort: Weinviertel

Re: Rohrlänge

Beitragvon jjp » Fr 27. Jun 2014, 19:46

Von einem jungen Hornfreund hörte ich eben, dass ein Horn mit engerer Zylindermensur länger sein muss als eines mit weiterer Mensur.



Hallo,

hier die einfache physikalische Antwort auf die Frage.
Die Tonhoehe wird nur in erster Naeherung durch die Laenge L
des Rohres festgelegt. Genaugenommen spielt auch der Rohrradius R eine Rolle.
Ein Rohr kann dann vereinfacht duch eine effektive Laenge
L_{eff} = L + 8/3*pi* R, (pi=3.1415....)
beschrieben werden,
(Nachzulesen in Fletcher, Rossing, The physics of musical instruments, S.200)
D.h. bei groesseren Radien liegen die Resonanzfrequenzen
tiefer, da die effektive Rohrlaenge groesser ist.
Bei einem engeren Rohr muss man das Rohr dann entsprechend laenger
machen, um auf die gleiche Grundfrequenz wie beim weiteren Rohr zu kommen.


Gruss
jjp
jjp
 
Beiträge: 8
Registriert: Mi 17. Apr 2013, 10:06

Re: Rohrlänge

Beitragvon Hödlmoser » Fr 27. Jun 2014, 22:23

Liebe(r) jjp!
Danke, endlich eine weitere konkrete Antwort nach Peter. :)
Ich fand in meinem Buch "Spektrum der Wissenschaft, deutsche Ausgabe von Scientific American, Die Physik der Musikinstrumente, 1988" die Namen Fletcher bez. Orgelbau und allg. Akkustik und Rossing bez. Pauken.
Es ist einleuchtend, dass die effektive Rohrlänge mit größerem Rohrdurchmesser zunimmt. :idea:
Nur liegt dies, wie schon Peter geschrieben hat, im Millimeterbereich.
Konkret geht es bei meiner Frage um ein B-Horn von Jos. Monke mit Stopfventil.
Statt des Stopfventils wird eine F-Verlängerung gewünscht, wobei der, sehr kompetente, Hornbauer meinte, dass bei dieser kleinen Mensur ev. die Verlängerung länger sein müßte als bei üblicher 12mm Mensur.
In meinem Fall besteht somit nach obiger Formel cirka 12mm Längenunterschied zwischen 9,35mm und 12mm Rohrdurchmesser.
Allen sachbezogenen "Beiträgern" vielen Dank und
liebe Grüße vom Hödlmoser
Hödlmoser
 
Beiträge: 367
Registriert: Mi 28. Jan 2009, 23:01
Wohnort: Oberösterreich

VorherigeNächste

Zurück zu WIENERHORN FORUM

Wer ist online?

Mitglieder in diesem Forum: 0 Mitglieder und 26 Gäste