lieber altcorn!
"....Gleichzeitig verwundert es mich etwas, dass eine Firma wie Alexander derartige Tüfteleien nicht schon im Hinblick auf mögliche Gebrauchsmusteranmeldungen hin aufgezeichnet hat.
Dein Beitrag wirft natürlich auch weitere Fragen auf: Wieso Es-Ventil statt C- oder (wie Pettitt behauptet) D-Ventil?
War das Doppelhorn bzw. Diskantdoppelhorn in den Fünfzigern bereits die Standardausstattung auch für hohe Hornisten - und somit Brains Versuche eher der Sonderweg eines Einzelnen? Dies würde den Schluß nahe legen, dass Alexander den Versuchen keine wirtschaftliche Bedeutung für die eigene Produktentwicklung beimaß.
Wie ist er auf die Verwendung eines Halbtonventiles gekommen, gab es hierfür Vorbilder?
Wie soll man sich den Einsatz des Diskanthorns bei Brain vorstellen? Brain wird ja immer so dargestellt, als hätte er am liebsten alles auf seinem alten französischen F-Horn von 1808 gespielt, einschleißlich Strauss 2 unter Sawallisch....."
zur Frage 1. (Patente und Gebrauchsmusterschutz)
Dieses ist einfach eine Frage des Geldes und der Zeit.
Ein Gebrauchsmusterschutz oder gar ein Patent ist sehr teuer. Das kann in die Tausende gehen.
Der zweiter Faktor ist die Zeit. Bis zur Erteilung eines Gebr. oder eines Patents muss die die zu schützende Erfindung geheim bleiben, denn sonst gilt sie als "Stand der Technik". Die Erteilung kann Monate, ja sogar Jahre dauern.
Stellen wir uns vor, es kommt ein Musiker mit Sonderwünschen (die eigentlich patentwürdig wären) zu Instrumentenmacher und der antwortet : Ja. ok! in 2 Jahren; das ganze kostet dann evtl. 5000 Euro oder mehr. Es wird schnell deutlich, daß das so nicht laufen kann.
Die Frage was für ein Zusatzventil nützlich ist, hängt von den Aufgaben ab. Bei einem Stück für Horn in Es bringt ein hoch-Es Ventil eine Menge - für D-Hornstücke weniger.. Ein C.Ventil bringt viel, da es noch einigermaßen mit den B_Hornventilzuglängen kombiniert werden kann.
Das Diskantdoppelhorn kam bei Alexander Anfang der 50ziger ins Programm. Es waren recht ungelenke Hörner mit kleinem Kopus und einer Mundröhre mit Stimmzug an der unteren Vorderseite des Instruments (hinter dem kleinen Finger).
Als ich 1957 mein erstes 103 in Mainz ab holen durfte, traf ich dort einen großgewachsenen engl. Hornisten, der so ein Horn ausprobierte und ehrlich gesagt dabei sehr unglücklich wirkte. Seine Frau bat ihn immer wieder um Geduld.
Es waren Alan Civil und Shirley Hopkins. Die beiden haben wenig später mit Karajan und den BerlinernPHO Brandenburg 1 eingespielt. Ich nehme an, dass die beiden die "Mugge" von dem verunglückten Brain über- nommen hatten. Damals waren die Solohornisten in Berlin Martin Ziller (reiner B-Hornbläser mit wunderschönen romantischen Ton und Otto Machut auch B-Hornbläser mit großem Ton.
Karajan hatte schon vorher seinen Duzfreund Dennis für Bach's h-moll Messe mit sensationellen Erfolg eingesetzt. Die Aufnahme ist heute noch beispielhaft.
Die Frage zu Diskantdoppelhörner ansich.
Wichtigste Feststellung: Die Höhe geht nich! leichter, sondern nur sicherer. Mein Frankfurter Hornkollege in der Oper Jochen Schollmeyer nannt das treffend "trennschärfer".
Einfache hoch-F hörner waren zu dieser Zeit völlig verstimmt, daher Doppelhorn.
Erinnern wir uns: auch die WienerPHO benützen oft den "Kuckuk". Ich habe live erlebt, wie Tomböck Senior das Trio aus der 8. Beethoven auf einem hoch-F Horn gespielt hat. Es war klanglich und intonatorisch makellos. Wenn man vom Wienerhorn geprägt ist, kann man diesen Ton durchaus auf einem kleinen Horn simulieren. G.v.Freiberg, Josef Veleba und Roland Berger taten das auch. Letztere wählten gerne ein F-hoch F Doppelhorn.