Französisches System

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Re: Französisches System

Beitragvon Martin2 » Sa 28. Feb 2009, 10:49

Ich schätze mal, daß das Denken "zwei Ventile runter, eines rauf" eher ein Problem darstellt, als tatsächlich darauf zu spielen. Allerdings hätte ich nicht den Mut, das ad hoc auszuprobieren! Erst mal schön im stillen Kämmerlein....
Schade, daß diese Hörner so rar sind.
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Re: Französisches System

Beitragvon Papagei » Mi 11. Mär 2009, 11:47

Ich spiele das französische Ventilsystem nun seit rund 5 Jahren im professionellen Einsatz. Ein Selmer (Paris) der letzten Baugeneration sowie ein Alex Mod. 202. Das Selmer-Horn bietet nebst den bereits geschilderten Vorteilen des Ventilsystems ein Dynamikspektrum, das ein normales Doppelhorn so nicht bieten kann. Ursache ist die sehr massive Bauweise, wie sie heute vor allem bei sog. Heavy-Trompeten aus dem Jazzbereich a la Monette, Taylor, usw. angewandt wird. Leider bereitet dies Schwierigkeiten im Zusammenspiel in einer normalen Horngruppe; Das Klangbild in Relation zur Dynamik ist schwer auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen. Meines Erachtens eignet sich das Selmer-Horn heutzutage entsprechend vor allem für den Einsatz im Brass-Ensemble oder für solistische Aufgaben. Das Alex dient dort wo das französische Griffsystem meinerseits erwünscht ist, jedoch das Selmer nicht passt.

Bezüglich der Griffsystem-Umstellung: In der Anfangsphase habe ich mich in Stresssituationen immer wieder vergriffen, was den Einsatz des Instruments auf 'geschützte Räume' reduzierte. Mit zunehmender Praxis hat sich das Griffsystem gefestigt und funktioniert mittlerweile so zuverlässig wie das herkömmliche.

Das System ist selten geworden, weil mit dem Bruch in der französischen Horntradition Ende der Siebzigerjahre die Nachfrage nach den entsprechend typischen Hörnern komplett eingebrochen ist. Unter dem Einfluss des damaligen Chefdirigenten des Orchestre de Paris sowie dessen bevorzugten Solohornisten wurden die französischen Hornisten sozusagen 'amerikanisiert'. Selmer (Paris), Courtois und Couesnon stellten daraufhin die Produktion der entsprechenden Modelle ein. Die letzten Vertreter der alten französischen Schule sind mittlerweile leider in Pension und konnten schon davor nichts gegen das Verschwinden des französischen Ventilsystems ausrichten.

Es grüsst Papagei
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Re: Französisches System

Beitragvon Martin2 » Mi 11. Mär 2009, 16:25

Vor cirka zwei Monaten kam im Fernsehn ein Konzert des Orchestre de Paris. Es war eine Aufzeichnung von 2004. Die Besetzung war typisch "französisch": Kornetts statt Trompeten, enge Posaunen und halt einfache Hörner (natürlich vernickelt) mit Perinetventilen, 3. Zug ansteigend und mit Aufsteckbogen. War super! Also so ganz verschwunden ist das noch nicht. Aber der Trend zum Hollywood- Sound oder zum Londoner Hornklang ist leider gegeben.
Aber ist es in Deutschland anders? Auch hierzulande klingt leider vieles nach Einheitsbrei. Besonders die Hornregister. Schade drum! Aber es soll mir keiner erzählen, daß daran die Dirigenten schuld wären. Im Falle des Parisers Orchesters mag das so gewesen sein. Bei uns hat das andere Gründe.
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Re: Französisches System

Beitragvon Papagei » Fr 13. Mär 2009, 09:50

Hallo Martin

Die französischen Kollegen sind der historischen Aufführungspraxis gegenüber sehr aufgeschlossen. Es würde mich nicht wundern, wenn sie für einzelne Aufführungen auf alte Instrumente zurückgreiffen (Oder sie illustrieren gekonnt ihr eigenes Playback.....). Die normale Ausrüstung der französischen Kollegen sieht heute wohl so aus:

http://hornplayer.net/sections.asp?acti ... try=France

Grüsse vom Papagei
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Re: Französisches System

Beitragvon Martin2 » Fr 13. Mär 2009, 10:52

Nein, illustriert war das nicht! Es war ein Konzertmitschnitt. Und die gelegentlichen Kiekser und "Vergreifer" kann man auch nicht syncronisieren. Die Bildregie war einmalig gut, deshalb konnte man das sehr schön beobachten.
Die Listen in dem Link bestätigen ja, daß die regionalen Klangunterschiede völlig zum Teufel gehen.
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Re: Französisches System

Beitragvon markusm » Sa 14. Mär 2009, 14:20

Naja, gar so ein Fanatiker muss man da nicht sein, wir haben so was von den Gebrüdern im Fundus, das geht wirklich sehr gut, es ist sinnvoll es dort einzusetzen, wo es Vorteile bringt, man muss ja nicht gerade Strauß 2., das man am Doppel oder Tripelhorn automatisiert hat, öffentlich darauf spielen, da würde vermutlich auch manch sehr guter Hornist seine Finger verknoten. Unser Prof. hat da allerdings glaube ich einen kleinen Vorteil: steht in seinem Lebenslauf nicht etwas vom Geigenspielen in früher Jugend? Diejenigen die als Kinder so begonnen haben haben da oft Fertigkeiten, die man als 14+-jähriger einfach nicht mehr lernen kann, weil das Gehirn da nicht mehr mittut. Naja und was hat unser ungarischer 1. Geiger neulich gesagt: Neven muss haben...FG MM.
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Re: Französisches System

Beitragvon Peter » Mo 4. Mai 2009, 00:03

Das französische System hat ähnlich wie unser System sehr große Vorteile aber auch Nachteile.
Grundsätzlich:
Bei dem "normalen" System haben wir immer den Nachteil, dass Ventilkombinationen (1/2;2/3;13;123 ) systembedingt zu hoch sind.
Bei dem franz. System sind alle Kombinationen mit dem 3.(erhöhenden) Ventil zu tief.Aber wie sagte doch angebl. Berry Tuckwell: better to sharp, than out of tune.

Ideal wäre eine Kombination. Diese gibt es auch in Form von 5-ventilige B-Hörner, die mit einem der Daumenventile ein erhöhendes Ventil (1 Ganzton) haben. das hohe A ist nun wirklich kein Problem mehr und das kleine g und das große g sind auch nicht zu verachten. Aber es gibt noch wesentlich mehr Vorteile, die hier jetzt zu erklären, zu weit führen würde,

Neben meine 40jährigen Orchestertätigkeit habe ich bei meinen entwickelten Hornmodellen (m.Alexander oder Cornford) immer gerne damit experimentiert
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Re: Französisches System

Beitragvon Prof » Mo 4. Mai 2009, 07:46

Lieber Peter !
Na was ist mit dem AC/DC von Richard Merewether, den Du ja sicher noch gekannt hattest ? Das Horn hatte ein geteiltes drittes Ventil, d.h. der Drücker war geteilt. Mit der einen Seite betätigte man ein reguläres absteigendes 3.Ventil, mit der anderen Seite ein aufsteigendes.

Liebe Grüße

Hans
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Re: Französisches System

Beitragvon Andre » Mo 4. Mai 2009, 08:40

Hallo Herr S.,

schön, daß Sie jetzt auch hier im Forum aktiv sind!

Viele Grüße aus der Wetterau!
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Re: Französisches System

Beitragvon Martin2 » Mo 4. Mai 2009, 15:37

Lieber Peter,

aus diesem Grunde pfeife ich seit Jahren auf alle Doppelhörner und spiele (außer im Hornquartett) alles auf dem 5-ventiligen B-Horn. Wie war das: "Flexibel soll man sein...."
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