Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Peter » Mi 13. Mai 2009, 14:42

Thomas hat geschrieben:
Peter hat geschrieben:Thomas!
Die Ansicht von den soeben verstorbenen Mason Jones, das man keine amerikanische Schule habe, sondern die alte Gumbert'sche Leipziger Schule fortführe, ist nur äußerlich richtig bzw. galt nur für Anton Horner, der dieses Kruspemodell zu Beginn des 20.Jahhunderts mit nach Amerika brachte.
Ein wesentlicher Teil von nationalen Schulen werden durch die Sprache geprägt, denn man artikuliert (oder sollte) wie man spricht oder singt.

Wenn Amerikaner mit ihrer Muttersprache auf einem Nachbau dieser Kruspehörner (Conn ) spielen, ist es eben total anders (bitte wertfrei!) als wenn ein Deutsch sprechender auf diesen Instrument spielt.


@Peter

Das ist natürlich richtig. "Alte Leipziger Schule" bezog sich in erster Linie auf die im Studium verwendete Literatur. Sprache, Gesang und Artikulation prägen ja sogar schon im deutschen Kulturraum (bitte nicht staatlich zu verstehen) verschiedene Schulen aus.
Darauf weist ja auch immer Prof. Pizka hin, daß man zB. nur dadurch, daß man ein Wienerhorn benutzt noch lange nicht Wiener Schule bläst.

DIE amerikanische Schule und DEN amerikanischen Klang gibts in meinem Augen trotzdem nicht. Auch in den USA gibt es zB. klanglich, je nach Region,
===============
Das stimmt natürlich, Thomas, die Chicagoer Schule war immer schon immer anders, mit weniger weiten Hörnern. Selbst Farkas' erstes Holton Horn (178) war wesentlich schlanker gebaut. Seine Aufnahmen sind übrigens alle auf einem Geyer gespielt. Geyers Vorbild war ja das Schmidt-Weimarer Horn oder die Knopfhörner. Daher dieser sonderbare Namensstreit. In den Staaten kennt man das Geyermodell - in Europa nennt man es das Knopf-Modell (Alexander: K-Modell)
Zur Zeit scheint mir die amerikanische Hornwelt ziemlich in der Krise zu stecken. Die Conn's werden - so weit ich weiß - nur noch in Cleveland gespielt.
Die Engelbert - und die Paxmanner haben schon fast überall die "King Kongs" abgelöst. Randy Gardener spiel inzwischen ein Ricco Kühn Triple
Unterschiede.
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Thomas » Mi 13. Mai 2009, 14:59

@Peter

Ich habe noch nie auf einem der legendären alten Conn 8D (elkhart), nur auf neueren Conns und Holtons gespielt und deren Fertigungsqualität, besonders die der Maschinen fand ich für meinen Teil nicht überzeugend. Alleine deswegen kann ich schon verstehen, wenn Paxman oder Schmidt dort den alten "Hausmarken" den Rang ablaufen.
Vielleicht ändert sich ja aber auch in den USA die Klangvorstellung zum helleren Ton hin.
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Martin2 » Do 14. Mai 2009, 19:44

Carl Geyer hat das Knopf-Horn ja quasi "in Lizenz" gefertigt. Die Maschinen und andere Teile bezog er direkt von Knopf und der Rest des Horns dürfte nicht wesentlich anders gewesen sein, als das Knopf'sche Original.

Das der amerikanische Instrumenbau in einer Krise steckt, ist ja nichts Neues. Durch Streiks, Fusionen, etc. ist viel kaputt gemacht worden. Ich kann aber auch nicht verstehen, daß Firmen wie Conn auf einem Messestand Hörner ausstellen, die gerissene Schnüre, Dellen und klemmende Ventile aufweisen (vor drei Jahren in Frankfurt - seit dem war ich nicht mehr dort). Infos in deutscher Sprache, Kataloge oder ähnliche Sachen? Fehlanzeige! Und ich dachte immer, Deutschland wäre eine Servicewüste. Hat eine Firma, die solche Teile ausstellt, überhaupt Interesse daran, etwas zu verkaufen? Früher hatte z.B. Holton einen eigenen Messestand und der war immer vorbildlich! Fast sämtliche Modelle waren vorhanden, immer nettes Personal (z.B. Mr. Sal Cardello) und Zeit für ein Schwätzchen und nen Kaffee war auch immer.
Ersatzteile gibts aus den USA ja schon lange nicht mehr oder nur über Umwege. Ein Posauenchorkollege wartet seit fünf Jahren auf einen neuen Schallbecher für seine Bach-Trompete! Mittlerweile hat er sich einen von der B&S Challenger draufgelötet. Von anderen (Posaunisten, Trompeter) ist Ähnliches bekannt. Die kleinen Hersteller in den USA (Lewis, deHaro, Shire, Kanstul, usw.) scheinen vom "Blackout" der Großen stark zu profitieren und bieten auch wirklich gute Instrumente an, die teilweise in Kooperation mit deutschen Firmen entstehen (z.B. Lewis / Dürk). Von den Unannehmlichkeiten in Übersee profitieren natürlich die europäischen Firmen. Der patriotische Stempel "Made with pride in USA" ist wohl auch dort schon lange kein Kaufargument mehr. Denn auch die Amis setzen vermehrt auf Qualität. Und die können die Großen schon lange nicht mehr bieten.
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Peter » Fr 15. Mai 2009, 09:05

hallo Martin2

wenn ich schrieb, dass die amerikanische Hornszene in der Krise wäre, dann meinte ich die Hornisten und ihr Selbstverständnis. Die Mode der immer weiter gebauten Hörner scheint überholt. Den Trend auf hoch-F Hörner umzusteigen (New Yorker PO E.Schmidt Triplehörner) hatten wir hier in den 70ziger Jahren. Ich glaube, die Amerikaner werden mittelfristig im Zuge der Globalisierung (was ich im Bereich der Kultur gar nicht gut finde!) auf engere europäische Horntypen umsteigen.
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Martin2 » Fr 15. Mai 2009, 13:04

Lieber Peter,

ob die amerikanischen Hornisten in einer wie auch immer gearteten mentalen Krise stecken, kann ich nicht beurteilen. Aber leise Zweifel an sich selbst im Bezug aufs Hornspielen haben wir wohl alle schon mal gehabt.... ;) Ich beobachte nur, daß die Amis versuchen, durch unsinniges Zubehör ihren Ansatz oder das Horn zu verbessern (Acousticcoil, Lippenschmiere, heavy caps, usw.). Als wenn das was bringen würde! Hoyers Hörner werden völlig grundlos mit Zubehör-Mundrohren ausgestattet, und wenns in Höhe oder Tiefe nicht klappt, sind selbstverständlich die Ventile schuld... Rebuild it! Versucht man aber, ihnen zu erklären, daß der Firlefanz nichts bringt, bekommt man auch noch einen auf den Sa.. gehauen. Aber das hat nichts mit Krise zu tun; das ist typisch amerikanisches Denken. Der Ami an sich ist ja perfekt, also kanns nicht nicht an ihm liegen, wenn was nicht klappt. Ergo: Das Equipment ist schuld. Ich habe genügend Verwandtschaft "drüben" und kenne auch viele nicht deutschstämmige Amis. Die denken fast alle so. Gut ist das nur für die Zubehörlieferanten, denn es füllt ihre Geldbeutel. Ignore it.

Was die Globalisierung der Klangvorstellung betrifft, gebe ich Dir völlig recht! Es ist eine Schande, daß die nationalen und lokalen Kolorite verschwinden.

Ich soll Dir auch schöne Grüße von Deinem ehemaligen Schüler M.N. bestellen. Wir spielen im gleichen Posaunenchor. Leider ist er dienstbedingt häufig nicht da.
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Beate_Pokorny » Sa 16. Mai 2009, 09:52

Peter hat geschrieben:.... Den Trend auf hoch-F Hörner umzusteigen (New Yorker PO E.Schmid Tripelhörner)...


Interessantes hierzu findet Ihr auf http://www.corno.de/schmid/deu-eng/phyl_myers_schmid_horn.htm Wenn man etwas herunter scrollt findet man eine Übersichtstabelle incl. des verstorbenen Jerome Ashby.

Bussi, BEATE :lol:
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Altcorno » Di 19. Mai 2009, 20:15

Martin2 hat geschrieben:Du schriebst, daß das kompensierte B/F-Horn eine Alternative zum B-Horn mit Stopf-/Quartventil wäre. Für mich war das fünfventilige B-Horn die Alternative zum Kompensierten. Denn die "chromatische Quartschleife" am B/F braucht man nicht wirklich. F-Schleife mit Hilfsgriffe klappt genauso gut, vorausgesetzt, die F-Schleife ist auf klingende c eingestimmt, wie das Qurtventil an der hoch B-Trompete, an der Posaune oder am Bariton (Tenorhorn). Das fünfventilige B-Horn ist erheblich leichter und kostengünstiger, als jedes B/F-Horn, wenn man vom Neupreis ausgeht.


Auch nach nochmaligem Lesen verstehe ich diese Ausführungen nicht! Was ist eine "chromatische Quartschleife"? Was bedeutet: "Auf klingend C eingestimmt?"

Bei der Vertiefung/Erhöhung der Grundstimmung durch die Zuschaltung eines Ventilzuges gibt es kein Problem, solange ich nur ein Ventil zur Zeit betätige. Ich kann die erforderliche Länge des Zuges exakt berechnen. Wenn ich zwei Ventile gleichzeitig betätige, z. B. 1. und 2., erniedrige ich das Instrument zunächst um einen Ton von einem B-Horn zu einem AS-Horn. Das zweite Ventil erniedrigt zwar das B-Horn rechnerisch exakt um einen Halbton zum A-Horn, aber nicht das AS-Horn zum G-Horn; dazu müßte der zweite Zug etwas länger sein. Je mehr Ventile ich betätige, desto gravierender wirkt sich die geschilderte Diskrepanz aus. Mit dem Quartventil allein betätigt kann ich eine reine Quarte, bezogen auf die Grundstimmung, darstellen. Alle weiteren Kombinationen sind von Hause aus bezüglich der Intonation problematisch.

Bei einem kompensierten Horn habe ich genau dieses Problem nicht, da die Komplementärzüge die einzelnen Ventilzüge des B-Horns separat verlängern. Lediglich das unabhängige Einstimmen der Züge beider Seiten funktioniert nicht. Weiterer Vorteil ist aber, dass das Instrument auf das B-Horn hin optimiert werden kann.

Für "notorische" B-Horn Bläser ist die Kompensationsbauwese also eigentlich ideal. Zusatzfrage: War nicht das erste Doppelhorn ein Kompensationshorn?
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Prof » Di 19. Mai 2009, 21:18

Lieber altcorno ! Bei Dir ist doch wieder ein Trugschluß. Auch beim kompensierten Horn, bei dem die B-Horn-Ventilzüge durch diese "Schnippsel" für die F-Seite ergänzt werden, ist jede Ventilkombination sowohl in der Grundstimmung B als auch in der Grundstimmung F problematisch, da notorisch zu hoch. Da bleibt nur übrig, mit den insgesamt vier Hebeln (Stopfventil ausgeklammert) so zu schalten, daß jeweils nur ein Ventil eingesetzt wird. Das muß aber dadurch geschehen, daß das Daumenventil völlig gleichberechtigt behandelt wird. Notorische "nur B-Horn-Bläser" werden dabei aber ziemliche mit der eigene Verwirrung zu kämpfen haben.
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Martin2 » Di 19. Mai 2009, 22:12

Lieber Altcorno,

ein Quartventil am B-Horn wird nicht als "Naturhorn in F-Stimmung" verwendet.
Man stimmt das Quartventil nicht auf die Quart (F) unterhalb der Grundstimmung (B) ein, sondern auf das darunterliegende C. Das "Quart"-Ventil ist ein Hilfsmittel, um die unreinen Griffkombinationen 1/3 und 1/2/3 zu umgehen:
Anstatt 1/3 (klinged c am B-Horn) wird Q gedrückt,
anstatt 1/2/3 (klingend H am B-Horn) wird Q/2 gedrückt.
Das "Quart"-Ventil wird also so eingestimmt, daß das klingende c rein intoniert. Posaunisten, Tenorhorbläser oder hoch B-Trompeter verwenden ihr Quartventil auf die gleiche Weise.
Bei tieferen Tönen verfährt man sinngemäß:
klingend F (in F notiert c) = Q
klingend E (in F notiert H) = Q/Stopf
klingend Es (in F notiert B) = Q/St/2 und mit der rechten Hand etwas mehr abdecken.
Mittels Hilfsgriffe ist es nun möglich, noch tiefere Töne zu spielen, so daß ein B-Horn mit Quart- und Stopfventil den gleichen Tonumfang in der Tiefe hat, wie ein F-Horn.

Hieraus erkärt sich, daß die F-Seite eines kompensierten Doppelhorns nichts weiter ist, als eine Quartschleife (diesmal aber auf f eingestimmt), die mittels der Ventile chromatisch nutzbar ist.

Zu Deiner "Zusatzfrage":
Ja, das erste Horn war ein kompensiertes Doppelhorn. Die Spielventile (1,2,3) waren bereits doppelstöckig. Aber das Horn hatte jeweils von und hinter diesen Spielventilen je ein einstöckiges Umschaltventil; also ein Umschaltsysem nach Friedrich Butti, wie auch das Hoyer C 12 oder das Alex 107.
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Re: Kompensating-Doppelörner versus Getrennt gebaute Doppehörner

Beitragvon Peter » Di 19. Mai 2009, 23:15

Hallo lieber Martin2,
ganz verstehe ich Deine Antwort an Altcorno nicht.
warum soll man nicht das Quartventil als Naturhorn in F-Stimmung verwenden können? Bei guten Hörnern ist der 2. und 3. Oberton kaum verzerrt, und so kann
man doch das kleine g und das kleine c als 2 und 3. Naturton einwandfrei spielen? Bei den tiefen Tönen hat man - da hast Du Recht - eigentlich nur mit dem große B Schwierigkeiten - es ist mit Deiner vorgegebenen Greifweise etwas zu hoch. A würde man F+2+3 greifen; As F+1 +3; G F+St+1+3; Fis F+1+2+3+St (wobei diese Kombination etwas zu hoch ist, was aber mit dem Ansatz leicht korrigiert werden kann.

Bezüglich der Zusatzfrage: Das erste Doppelhorn von Gumbert/Kruspe 1898 war (im Gegensatz zu dem ersten französischen Doppelhorn 1925) k e i n kompensiertes Doppelhorn, sonder ein voll ausgebautes Doppelhorn, ähnlich wie Cornford's 28 oder das zitierte Alexander 107, welches ein voll ausgebautes B-hochF Horn ist
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