Lustige Begebenheiten aus dem Musik(er)alltag

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Lustige Begebenheiten aus dem Musik(er)alltag

Beitragvon Martin2 » Mo 24. Aug 2009, 16:05

Um mal was zum Schmunzeln einzubringen......
Wer seit Jahren Musik ausübt, hat sicherlich die eine oder andere lustige oder kuriose Szene erlebt.
Hier eine vom letzten Samstag:

Jonas (10), seit einem halben Jahr mein Schüler, kam völlig aufgelöst in die Übungsstunde.
"Martin, was du mir beibringst, ist alles Schwachsinn!" :?
"Lieber Jonas, wie kommst du den da darauf????" :shock:
"Ja, ich hab das Lied hier aufm Klavier gespielt..... Ist ganz anders als beim Horn! Das stimmt alles nicht!" :evil:
"Ähm, ja, dann spiels mir mal auf dem Klavier vor."
Er spielt, wie man den Violinschlüssel halt auf dem Klavier spielt - in C
Ich habe ihm dann erklärt, daß beim Horn die Notation und der Klang nicht einander entsprechen.
"Wer hat sich denn bloß den Quatsch ausgedacht?!" :o
"Ja, Jonas, der ist längst tot! Den können wir nicht mehr prügeln."
"Mmm. Schade! Dem hätte ich gern mal die Meinung gesagt!" :(

Und, sind wir mal ehrlich, logisch gesehen hat der Hosenscheißer auch noch recht.
Martin2
 
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Re: Lustige Begebenheiten aus dem Musik(er)alltag

Beitragvon Peter » Mo 24. Aug 2009, 17:14

"…Und, sind wir mal ehrlich, logisch gesehen hat der Hosenscheißer auch noch recht.…"

ich finde hier tut sich wieder ein interessantes Thema auf. Ich bitte Euch alle um Eure Meinung.

Ich selber bin von der Relativität der Tonarten überzeugt. Bei uns Hornisten ist die in C notierte Obertonreihe der Maßstab Nr,1. Und seit es die Ventile gibt, die in ein F-Naturhorn eingebaut wurden, ist Horn in F Maßstabe Nr.2
Wir müssen mit beidem leben. Das hat aber auch sehr viele Vorteile. Die Notation ist einfacher und übersichtlicher, man kann besser voraushören. Und da Transponieren eine Kopfsache ist, kann man auf anderen Instrumenten gleichfalls gut transponiereen.

All dies stößt nicht nur bei dem "Hosenscheißer", sondern bei so ziemlich allen Nichthornisten auf großes Unverständnis.
Z. B. bei Streichern:
Folgende lustige? Episode aus meinem langen Hornistenleben:

Probespiel bei einem bekannten Kammerorchester 1962 für das 1. Horn.
Man legt aus Mozarts A-dur Sinf. KV 201 die Schlussstelle vor.
Ich "vergurke" die Stelle und erhalte die Stelle natürlich berechtigterweise nicht.
Ein anderer spielt die Stelle makellos in F und bekommt die Stelle.
Ich höre, wie ein Streicher zu seinem Kollegen sagt: Transponieren wird er ja wohl können!"

Eine andere Erfahrung: Nach dem zweiten Weltkrieg übernahm der Verlag Fischer in New York das gesamte Breitkopf&härtel-Archiv. Der Verlag erstellte "Reprints" und fügte den Stimmen eine nach F transponierte Fassung
bei. Diese bekamen wir in unserem Orchester (RSO Frankfurt) hin und wieder als Leihmaterial auf das Pult.
Der Originalteil der Stimme war oft bis zur Unkenntlichkeit mit Bleistifteintragungen verschmiert. Der nach F transponierte Teil war v ö l l i g jungfräulich.
Was kann man daraus schließen: Kein Profi spielte je von der nach F transponierten Stimme.

Das Härteste erlebte ich bei einer alten Ausgabe der Haydn'schen Abschiedssinfonie;
Der 3. Satz ist im Original für Hörner in Fis. Das stellt für uns in der Regel kein Problem dar. Der neunmal kluge Herausgeber meinte jedoch, dass man so etwas nicht einmal Hornisten zumuten könne, aber nach Es können Hornisten immer leicht transponieren - als schrieb der Herausgeber die Stimme in Es-Dur für Horn in Es.

Ich war durch diese mehrfach um die Ecke gedachte Schreibweise so irritiert, dass ich mir in der nächsten Orchesterpause die Stimme nach C-dur und für Horn in Fis zurückschrieb. Jetzt war die "Welt wieder in Ordnung"

Selbst der Bärenreiterverlag versündigt sich da. Lässt man sich das Leihmaterial (aus der Mozart-Urtext-Ausgabe) einer Mozartoper kommen, bekommt man immer nur Stimmen in F. Nur wenn man ausdrücklich darauf besteht, senden die einem Stimmen in der Originalnotation.

Ihr seht , dies ist ein interessantes Thema.
Mich interessiert, wie lehrt ihr dieses Hornspezifikum Euren Schülern?
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Re: Lustige Begebenheiten aus dem Musik(er)alltag

Beitragvon Günther » Sa 5. Sep 2009, 20:19

Heute lachen wir darüber, aber damals war es schon peinlich, als wir eine Messe spielen sollten, ausgerechnet der mit den Noten Betraute in die falsche Ortschaft fuhr...

Witzig war auch eine Eröffnung, zu der nur der Bürgermeister und die örtliche Musik kamen, da sie nicht über die Absage informiert wurden.

Einmalig war wahrscheinlich auch der Punkteabzug bei einer Konzertwertung, wegen eines zu laut fluchenden Kapellmeisters, der sich über den verpassten Einsatz eines verkaterten Klarinettisten ärgerte...

Bei der Gardemusik: "Gruber, welche Ausgabe der österreichischen Bundeshymne haben Sie?". Antwort: "Ich habe die von Mozart... "
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