Mundstückauswahl

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Mundstückauswahl

Beitragvon *horni* » Di 20. Okt 2009, 11:01

Hallo an alle!
Ich hatte eigentlich noch nie die Möglichkeit einige verschiedene Mundstücke zu testen.
Ich habe ein Bruno Tilz Spezial B4 Mundstück. Zum Testen bekam ich jetzt ein Hoyer 6801 Doppelhorn und da passt der Schaft nicht exakt in das Mundstückrohr, auch erscheint mir der Ton noch nicht ganz passend (zu scharf, zu wenig weich, wenig Volumen) und ich glaube nicht, dass es am Instrument liegt.
Da kam mir wieder der langersehnte Wunsch, ein paar andere Mundstücke zu probieren.
Nun meine Frage: Gibt es einen Musterkoffer mit Hornmundstücken mit mehreren Modellen zum Testen?
Auch meine Schüler hegten den Wunsch einige andere Mundstücke testen zu wollen.
Weiß jemand, wo man sich so einen Musterkoffer beschaffen kann?
Ich bedanke mich schon mal im voraus für eure Antworten!
*horni*
 
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Re: Mundstückauswahl

Beitragvon George » Di 20. Okt 2009, 14:56

Man kann sich Auswahlsendungen zum Testen zuschicken lassen. Von Klier hatte ich mal 15 Mundstücke in einer Sendung, andere Hersteller machen das genauso.
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Re: Mundstückauswahl

Beitragvon Beate_Pokorny » Di 20. Okt 2009, 22:23

Hallo horni! :)

An sich bläst Du ja schon ein Produkt aus renomiertem Hause, aber wie bereits in anderen Threads angesprochen, machen die verschiedenen Instrumentenhersteller bezüglich des Mundstückschaftes Änderungen erforderlich, was aber ohne Aufpreis möglich ist. Ich selbst wurde von Bruno Tilz schon mehrfach gut beraten, er konnte mir auch schon in scheinbar ausweglosen Situationen (z.B. nach Ansatz-Korrektur, Veränderung im Register, nach der Nikotinabstinenz etc.) immer wieder Perspektiven bieten. Bei größeren Gruppen kam er früher auch schon mal ins Haus, heute heißt's Termin vereinbaren und hinfahren - es lohnt sich, wirklich :!:


Laß uns von Deinem Erfolg wissen,
Bussi, BEATE :lol:
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Re: Mundstückauswahl

Beitragvon Peter » Fr 6. Nov 2009, 17:38

Philip Farkas sagte mir einmal, ein gutes Mundstück ist jenes, auf dem nichts schlecht ist!
Ein Mundstück verbindet den Bläser mit dem Instrument.
Das Horn kann sich n i c h t anpassen, der Bläser sehr wohl.
Eigentümlicher weise suchen aber die meisten Hornisten ein Mundstück nach dem Gefühl aus. Sie übersehen dabei. dass ein neues Mundstück erst nach Wochen richtig beurteilt werden kann, denn zunächst muss das gewohnte "Mundstückbett" zugewachsen sein, und das der neue Rand muss sich erst sein Lager "einmassieren"
Außerdem finde ich immer wieder die Neigung - nicht nur bei der Wahl von Mundstücken, sonder sogar bei der Wahl des Hornes, dass Bequehmlichkeitsgefühl (input) dem Klangergebnis (output) vorzuziehen, was leider ganz verkehrt ist.

Also, nochmals, das Hornmundstück muss zum Instrument passen! Und da kennt man ja wichtige Parameter:
Der Rand: Dieser soll relativ schmal und im Profil oval sein. Ein im Profil runder Rand hat ja nur eine winzige Auflagefläche (am Scheitel des Halbrunds) Er schneidet deswegen stark ein. Eine scharfe innere Kante begünstigt, die Sauberkeit des Anstoß' - eine abgerundete innere Kante ist beim Legato vom Vorteil. In der Konsequenz heißt das: Ein Kompromiss ist auch hier die beste Lösung.
Der Innendurchmesser: Hier gibt es einen kleinen Spielraum. Für eine leicht Höhe ist ein kleiner Innendurchmesser vom Vorteil, bequemer sind oft ein weiterer Innendurchmesser
Ein zu enger Innendurchmesser gibt den Lippen keine Entfaltungsmöglichkeiten; ein zu weiter Innendurchmesser lässt den Ton schwer und "posaunig" werden. Meine Kompromiss-Empfehlung: 16,5 - 18 mm.
Die Kesselform; Mehr Trichter oder ein etwas bauchiger Kessel? Besonders Natur- und F-Hornbläser werden einen trichterförmigen Kessel bevorzugen, wogegen B-Hornbläser oft den etwas bauchigen Trichter vorziehen, Das spiegelt sich auch deutlich z.B. hier in Deutschland. Hier wird meistens B-Horn gespielt - ergo sind die meisten Deutschen Munfstücke etwas bauchiger.

Die Bohrung hängt stark mit der Kesselform zusammen. Damit man einen "bauchigeren" Kessel bekommt, braucht man engere Bohrungen (3,8 bis 4,5 mm) - F-Hornbläser lieben weite Bohrungen (4,5 bis 5,8 mm). Hier spielt allerdings auch die Dynamik eine Rolle. Wie leise kann ich mit großer Bohrung einen Ton noch stabil spielen. Die zu enge Bohrung schaft mir - besonders beim F-Horn einen zu großen Widerstand.

Es wurde bei den vorangegangenen Diskussionen immer viel über die Schaftdicke gesprochen. Doch wesentlich wichtiger wäre es, über die Schaftbohrung zu sprechen.
die Bohrung selber ist in etwa so lang 8ca.5 mm), wie sie weit ist (Seele). Danach muss sich die Schaftbohrung konisch öffnen - eigentlich in dem Masse wie sich das Mundrohr konisch öffnet. Die meisten -natürlich nicht alle - Deutschen Mundstücke haben für meinen Geschmack einen zu bauchigen Kessel, eine zu enge Bohrung und eine zu enge Schaftbohrung.
Das Ergebnis ist oft, dass der Bläser mit solchen Mundstücken in der Höhe zu tief ist.

Ich als konservativer Bläser, der das F-horn liebt, bevorzuge daher amerikanische Mundstücke, wie Vincent Bach 3 oder 10 oder meinen Favoriten Marcinkiewicz 3,7,9 oder 11
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Re: Mundstückauswahl

Beitragvon Martin2 » Sa 7. Nov 2009, 11:32

In diesem Forum ist schon viel über die Bedeutung des Mundstückes geschrieben worden - im alten Forum ebenso (leider nur sehr schlecht lesbar). Ein bischen durchsuchen hilft.

Dem, was Peter geschrieben hat, kann man nur zustimmen! Besonders das B-Horn klingt mit einem trichterförmigen Mundstück und großer Bohrung (Wiener oder amerikanische Bauart) wesentlich besser, als das mit einem deutschen Modell (bauchig mit kleiner Bohrung) der Fall wäre.
Gute Mundstücke sind so konstruiert, daß die einzelnen Segmente (Randform, Tricherform und-tiefe, Seele und Rückbohrung) exakt aufeinander abgestimmt sind. Ein Absägen oder Aufbohren ruiniert also definitiv jedes Mundstück!
Ob ein Mundstück zum Horn und zum Spieler paßt, läßt sich recht einfach herausfinden:

Rand:
Die Randform sollte sich bequem anfühlen, Bindungen sollten leicht von den Lippen gehen. Der von Peter angesprochene "Kölner Rand" (Profil halbrund) eignet sich keinesfalls für Anfänger, da er keinen Halt bietet.
Ist die Tiefe schlecht erreichbar oder hat der Bläser etwas dickere Lippen, sollte der Durchmesser eher größer denn zu klein ausfallen.

Trichter (einen "Kessel" haben nur Trompeten- und Posaunenmundstücke):
Die TrichterFORM hat einen wesentlichen Einfluß auf den Klang, die TricherTIEFE auf Klang und Intonation.
Wird der Trichter vertieft, alle anderen Maße aber beibehalten, geht die Intonation aller Töne nach oben.
Verkürzt man den Trichter, wird das hohe Register tiefer, das tiefe Register höher. (Also genau andersherum, als viele Leute glauben!)

Bohrung (Seele):
Vergrößert man die Bohrung und läßt alle anderen Maße unangetastet, wird die Intonation im Gesamten erhöht. (Ist die Seele aber zu groß gebohrt, wird der Ton dünn und flatterhaft.) Ist die Bohrung zu klein, stimmt die Intonation weder im hohen noch im tiefen Register. Zudem fließt die Luft nicht mehr ins Horn, man muß sie - wie bei der Trompete - schon hineinpressen.

Rückbohrung:
Die Rückbohrung wird natürlich den anderen Segmenten des Mundstückes angepaßt. Ist die Rückbohrung zu weit, benötigt man zuviel Luft im hohen Register und ein gestütztes piano wird schwierig. Ist die Rückbohrung zu eng, spricht die Tiefe schlecht an und man benötigt mehr Druck beim Blasen. Die Form der Rückbohrung entscheidet ebenfalls über Intonation, Widerstand, Klang und Zentrierung der Töne. Aber hier hat jeder Mundstückhersteller seine eigene Philosophie und "Geheimnisse". Es gibt rein konische, zylindrische und parabolische Rückbohrungen oder eine Mischung der einzelnen Möglichkeiten.

Ein gutes Mundstück produziert gut stimmende Oktaven (z.B. c, c1, c2) ohne daß man viel korrigieren müßte. Doch Achtung: Die konische Bauart des Horns oder ein schlechter Ansatz vereiteln oft diese Stimmigkeit!
Ein eher mittelmäßiges Horn kann durch ein sorgfältig ausgewähltes Mundstück wesentlich aufgewertet werden. Moderne Hörner stimmen mit alten Mundstücken meist schlecht. Ergo: Die Mensur des Mundstückes und die des Horns müssen harmonieren.

Anhand der sehr logisch aufgebauten Mundstückserie bei Klier (jk-klier.de) läßt sich das oben Gesagte gut demonstrieren:
Die Mundstücke der "Excluisiv" Serie sind unterteilt in K = (vermutlich) klassich = konischer Trichter und M = (vermutlich) modern = bauchig (besser: tailliert).
Alle Mundstücke sind als K oder M Modell erhältlich.
Zudem gibt es drei Weiten bei der Rückbohrung:
Ohne Bezeichnung ist die engste Rückbohrung, die einen sehr gut zentrierten Ton erlaubt, der auch "kernig" klingt.
A1 bezeichnet eine etwas weitere Rückbohrung und A2 eine noch weitere Rückbohrung, die besonders das tiefe Register unterstützt.

Das Problem bei der Mundstückauswahl:
Niemand kann einem hier wirklich helfen, denn jeder Bläser spielt anders, selbst wenn Horn und Mundstück identisch sind. D.h.: Wenn ich auf Horn A mit Mundstück B gut zurechtkomme, muß das bei einem anderen Bläser nicht der Fall sein. Besonders "bescheuert" (anders kann man das nicht ausdrücken) sind die Versuche der Industrie, durch irreführende Werbung dem Kunden Glauben zu machen, daß er besser spiele, wenn er das Mundstück eines berühmten Hornisten verwende. Erstens hat der andere Lippen und ein anderes Blasverhalten, zweitens ein anderes Horn und drittens bekommter jede Menge Geld dafür, daß er seinen guten Namen für die Werbung verscherbelt. Ob er tatsächlich auf dem vom ihm angepriesenen Mudstück spielt, sei dahin gestellt.

Ich hoffe, daß diese kleine Exkursion ein bischen helfen konnte. Der beste Weg ist jedoch, eine guten Mundstückbauer aufzusuchen.
Martin2
 
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