von Peter » So 30. Mai 2010, 05:59
Ich werde mir jetzt sicher den Unmut vieler Hornfreunde im Forum zuziehen.
Meine Frage und These:
"…Passt das Horn in Blechbläserensembles, ja oder nein?
Ich meine "nein"! Das Horn ist doch in Blechbläserensembles stets der "Loser" oder?…"
Meine Ansicht, dass das Horn (von Ausnahmen abgesehen) n i c h t in Blechbläserensembles passt, wollte nicht provozieren, aber sie ist meine definitive Meinung.
Zunächst möchte ich ausdrücklich und mit Respekt Martin2, Steffen, alberich und dem herbstgetönter Hain danken, dass sie das Horn im Blechbläserensemble so engagiert, sogar liebevoll verteidigen.
Ich will meine Auffassung begründen und bitte um Geduld:
Vor Jahren hörte ich einen Vortrag des anerkannten Musikwissenschaftlers und Barocktrompeters Don Smithers über die Mythologie (Herkunft) der Blechblasinstrumente.
Er meinte, dass die (hauptsächlich) zylindrischen Instrumente wie Trompeten und Posaunen ihren Ursprung in den Röhrenknochen, die stets hoch erhoben in leichter Angriffsstellung geblasen würden, hätten. Dieses sei ein sehr männliches Symbol und signalisiere Herrschaft, Licht, Attraktivität und Stärke, auch Schiksal.
die Bügelhörner dagegen (Vom Flügelhorn bis zur Tuba und die überwiegend konisch sind) hätten ihren Ursprung im Muschelhorn, einem schlechthin typisch weiblichen Symbol und zeige Wärme und Güte
Nun gäbe es zwei Instrumente, die hälftig konisch und zylindrisch seien. das wäre zum einen das Kornett und zum anderen ganz besonders das Horn. Diese Instrumente hätten beide Charaktermerkmale in sich vereint, wenn auch in sehr subtiler Form.
Horn und Kornett wären demnach Zwitterinstrumente.
Soweit Don Smithers.
Ohne im einzelnen darauf einzugehen, meine ich schon, das da etwas dran ist:
Trompeten und Posaunen werden tatsächlich in der Musik sehr häufig in diesem Sinne eingesetzt (z. B. Trompeten = Weihnachtsoratorium, Posaunen = Mozart Requiem) Diese Instrumente können im edelsten Sinne schmettern.
Der warme und weiche Klang der Bügelhörner, dem die Fähigkeit zum Schmettern abgeht ist das Gegenstück zu den "Männern".
Ja, und das Horn?
Der Charakter des Hornes ist das Rufen (nicht das Befehlen), das Verzaubern, das Verlocken und vielleicht auch das Verführen.
Das Horn ist seinem zwitterhaften Wesen nach eher ein Begleiter und ein geheimer Führer. Es kann in subtiler Weise schmettern und uns mit sanften und weichen Klängen betören. Aber alles ist sehr geheimnisvoll und äusserst indirekt (Schalltrichter nach hinten und Hand zum Tonmodellieren im Becher).
Diese Feinheit und Indirektheit machte das Horn im Verein mit den eher naiv direkten "Männern" (Tromp.Pos.)und den warm -weichen Vereinnahmung der "Weiber"(Bügelhörner) das Horn zum Unterlegenen.
Ich habe unzählige Blechbläserensemble gehört und auch in ihnen auch gelegentlich gespielt: Immer wieder habe ich diese Empfindung gehabt.. Die Hornpartien waren immer sehr schwer, aber wenig wirkungsvoll. Die Trompeten brauchten nur wenige hohe Töne zu spielen und hatten sofort die Begeisterung auf ihrer Seite.
Nun könnte man meinen, das wäre die Einzelmeinung eines verschrobenen Grufits.
Meinethalben! Ich kenne aber viele, wirklich sehr viele, Hornisten. Ich habe sie diesbezüglich nach deren Meinung gefragt.
Fast 100% haben mir beigepflichtet, selbst jene, die regelmäßig in BLBLEns. spielen.
Alle großen Solisten wie Hermann Baumann, Peter Damm, Radek Baborak Allesio Allegrini oder Hornisten der Vergangenheit, wie Dennis Brain, Lucien Thevet , Franz Strauss oder Gottfried von Freiberg haben das Spielen in BlBlens. vermieden. (Natürlich nicht in Hornensembles)
Selbst im Orchester sind die großen Hornpartien meist nicht mit den Trompeten und Posaunen zusammen. Das heisst nicht, das sie nicht zusammenspielen. Das sind dann aber immer die Blechbläserchoräle in denen die Trompeten führen.
Aber die Soli?
Sehr häufig haben mir die Solohornisten, mit denen ich zusammenspielen durfte, empfohlen, mich bei den großen Blechtuttistellen zurück zu halten: "Lass das die Trompeten das machen, das ist nicht unser Geschäft, spare die Kräfte für unsere Soli"
Übrigens, das auf diese hoch brisante Frage nur vier Hornfreunde geantwortet haben, zeigt mir, das doch sehr viele in diesem Forum auch diesbezügliche Zweifel haben.
Hier nochmals meinen Respekt vor denen, die dieses anders sehen.