Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

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Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Günther » Mi 2. Jun 2010, 13:41

Liebe Freunde,
ich habe mir mein Horn, mit welchem ich mich bei technischen Stellen seit läppischen 30 Jahren herumärgere, mit wenig Aufwand brauchbar gemacht. Die Änderungen waren:

Anheben des Maschinstockes um ein paar mm, geringfügige Verlängerung der Hebel und Versetzen des Daumenringes.

Erfolg: Das Horn liegt nun unverkrampft in der linken Hand, die Finger müssen nun nicht mehr so tief eintauchen und alles läuft dadurch präziser.

Es stellt sich die Frage: Warum ist nicht schon früher jemand (inkl. meiner Person) auf diese Idee gekommen?
Schlussfolgerung: Es ist manchmal auch eine gute Idee, seine spielerischen Probleme auch mit einem Instrumentenbauer zu besprechen. Meine Vorgabe an ihn war nur: Mach es einfach schneller! Die Lösung war in einer halben Stunde ausdiskutiert und zunächst als low cost Variante gedacht, hat sich aber voll bewährt.
Seht es einfach als Denkanstoss und nehmt nicht alles als gegeben hin!

:D Günther
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Martin2 » Do 3. Jun 2010, 09:28

Ein Anpassen des Horns an die ergonomischen Bedürfnisse des Spielers ist bei Serieninstrumenten immer ein Problem. Aber jedes handwerklich hergestellte Horn läßt sich ja ohne größeren Umbau anpassen. Als ich damals mein Horn bei Kühn bestellte, fuhr ich hin, als das Horn im Rohbau fertig war. Hier und da mußte noch was angepaßt werden: Mundrohrwinkel, Höhe der Drückerplatten, Daumenhebel.

Ein Problem dagegen sind Hörner, die so konstruiert sind, daß von "Ergonomie" keine Rede sein kann, wie etwa beim 103er oder dem Wienerhorn. Aber wer sowas will, der muß sich halt damit abfinden.
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon 68er » Do 3. Jun 2010, 11:36

Lieber Martin,

Martin2 hat geschrieben:Ein Problem dagegen sind Hörner, die so konstruiert sind, daß von "Ergonomie" keine Rede sein kann, wie etwa beim 103er oder dem Wienerhorn. Aber wer sowas will, der muß sich halt damit abfinden.


Das verstehe ich nun nicht ganz. Was ist an einem Wienerhorn nicht anpassbar? Bevor ich mein Instrument in einer renommierten niederösterreichischen Werkstatt in Empfang genommen habe, wurde sehr wohl das Thema Ergonomie angesprochen. Und auch in meinem Fall ließen sich schnell diverse Modifikationen vornehmen.

Die Position des Daumenringes und der Winkel des Mundrohres, in das dann der Bogen eingesetzt wird, werden durchaus an die Bedürfnisse des Musikers angepasst (Körpergröße und -haltung, überwiegend stehend oder sitzender Einsatz). Und auch weitere Änderungen sind denk- und machbar (Höhenlage des Ventilstocks, Lage und Größe der Drücker)

Derartige Anpassungen lassen sich wirklich ohne großen Aufwand durchführen!

Grüße aus der Steiermark ;)
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Günther » Do 3. Jun 2010, 12:21

@Martin2: Ich habe das konkret von meinem Wienerhorn gesprochen. Was sollte hier nicht anpassbar sein?

Eigentlich kenne ich kaum Instrumente, welche sich vom Bläser selbst anpassen lassen. Ich kenne nur den Flipper v. Alexander und habe gelegentlich ich einen verschiebbaren Fingerring gesehen. Die meisten Spieler finden sich einfach mit dem ab, was quasi Standard ist.

"Du wirst dich schon daran gewöhnen" ist, so denke ich, hier die falsche Einstellung.
Ich möchte auch hier nicht die Lehrer in die Pflicht nehmen, welche sich ansonst über sehr viele Details Gedanken machen.
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Prof » Do 3. Jun 2010, 17:20

Wir sind also wie meist wieder beim Thema "hardware". Was nutzt denn die beste Anpassung (natürlich kann man Kleinigkeiten anpassen !), wenn die "software" nicht stimmt.

Ein Beispiel:
Ein Kollege klagt über die langsame Reaktion der Ventile. Ich habe mir dann seine Spielweise angeschaut: Finger oft nach oben gespreizt z.B. Klar das man dann zu spät auf dem Ventildrücker ist, aber auf die langame Reaktion der Ventile schimpfen.
Oder:
die Finger liegen wie Würste plattgedrückt auf den Drückern. Wie soll da eine schnelle Reaktion möglich sein. Aber schimpfen.

Oder: das mit der Hand stopfen funktioniert beim Schallbecher meines Hornes nicht. Naja, wenn die Hand so einfach im Becher liegt, da geht eben nichts. Becher wechseln nutzt da auch nichts.

Oder: der Daumenhebel paßt nicht ganz. Dann wird eben daran herumgebogen. Kein Wunder, daß dann der Hebel klemmt.

Oder (Wienerhorn): Der Bogen steckt etwas. Also am "langen Ende" gepackt und angezogen. Klar, der Zapfen wird zum Korkenzieher. Ganz fix einfach ein kleines Verstärkungsteil (1cm x 3mm) (selbst) angelötet. Bei der nächsten Aktion wie vorher wird dann eben das am Horn sitzende Rohr abgerissen. (Ich weigere mich, dieses Teil am Wienerhorn Mundrohr zu nennen, da das eigentliche Mundrohr der erste Abschnitt des Bogens ist.). Hie und da den Zapfen ganz leicht fetten. Dann steckt der Bogen nie fest.
Nie auf das Mundstück von oben "draufklatschen". Ich weiß, es macht manchmal Spaß, die Kollegen mit dem lauten Knall zu erschrecken. Freiberg hat und einmal gewarnt: wenn es noch einmal gemacht wird, fliegt der Übeltäter aus dem Unterricht !
Ein Kollege hat das einmal hier in München gemacht (Doppelhorn). Dabei war dann das Mundrohr ab ! Aus den Stützen gerissen ! Lustig, nichtwahr.

Zurück zur Fingeraktion und Fingerhaltung:
Schaut doch einmal den hohen Streichern zu, wie diese das handhaben. Also leicht gekrümmte Finger, die auf den Drückerplatten stehen (nicht liegen !). Damit ist schnellste Aktion gesichert.

SOFTWARE ANPASSEN ODER GAR VERBESSERN. HALTUNGSDISZIPLIN. ARTIKULATIONSDISZIPLIN.

Spart viel Ärger und Geld. Ganz einfache Lösung.
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Steffen » Do 3. Jun 2010, 18:12

Mir fällt auf, dass die verschiedenen Hersteller wie Alexander, Yamaha, Hoyer, Dürk und wie sie alle heißen ergonomisch doch sehr unterschiedliche Instrumente bauen. Wobei man sich recht schnell an die unterschiedlichen "Grundformen" gewöhnt. Als ich vor Jahren von Yamaha auf Hoyer umgestiegen bin, empfand ich persönlich das Hoyer-Horn wesentlich angenehmer. Andere kommen mit Hoyer überhaupt nicht klar.
Zum Beispiel war für mich das Alexander-Modell 200 meines Hornkollegen sehr gewöhnungsbedürftig, wobei die Stütze oberhalb der linken Hand für den Knöchelbereich des Zeigefingers wiederum klasse ist.

Es ist also mal wieder alles sehr subjektiv. Und wenn sich ein Horn toll spielen lässt und die Ergonomie nicht wirklich passt, sind kleinere Umbauten wie von Günther beschrieben doch völlig in Ordnung.
Eine Korrektur um eine Fehlhaltung bzw. falsche Handhaltung auszugleichen ist natürlich abzulehnen, wie unser Prof das schon treffend angesprochen ("angeschrieben") hat.
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Günther » Do 3. Jun 2010, 19:13

SOFTWARE ANPASSEN ODER GAR VERBESSERN. HALTUNGSDISZIPLIN. ARTIKULATIONSDISZIPLIN.


Unterschreibe ich alles lieber Professor, aber ich bin dagegen, dass man Probleme mitschleppt, welche so notwendig sind wie ein Kropf. Vielleicht hätte ich durch intensives Üben auch 85% meines theoretischen Optimums geschafft. Jetzt sind es ohne Üben mindestens schon 90%. Die Menschen sind nun mal verschieden und ein Maßanzug passt halt manchem besser als einer von der Stange. Jedenfalls bin ich froh, mich wieder mehr dem musikalischen Inhalt als der Technik zuwenden zu können. :D
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Martin2 » Fr 4. Jun 2010, 16:14

Was ich meinte:
Beim 103er, einem Wiener oder ähnlichen Hörnern ist z.B. die linke Hand sehr weit unten. Man gewöhnt sich vielleicht dran. Ich konnte es nicht, weshalb ich mein Wiener auch wieder nach einem halben Jahr verkaufte.
Anderes Beispiel: Bei Knopf- Hörnern ist der Mundrohrwinkel sehr eng. Er baut halt "one size fits all" - also Kindern und Erwachsenen. Bei fast 2m Körpergröße hat man aber das Gefühl, auf einem Kinderhorn zu spielen und der Rücken schmerzt nach längerem Spielen, weil der rechte Arm extrem weit hinten ist.

Es ist also eine Frage der Anpassung. Bei meinem Kühn- Horn fügt sich das Horn meinen Bedürfnissen, nicht umgekehrt.
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Günther » Fr 4. Jun 2010, 16:23

Den Abstand Mund - linke Hand kann man am Wienerhorn auch durch einen geeigneten Bogen adaptieren. Ist der Bogen etwas weiter gewickelt, so müssen die geraden Teile entsprechend kürzer sein und vice versa. Ein paar Zentimeter auf und ab gehen sich da schon aus.
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Re: Ergonomie - oder was ich schon längst hätte ändern sollen!

Beitragvon Martin2 » Fr 4. Jun 2010, 16:31

Nicht der Abstand vom Mund zur Hand, sondern die Hand sitzt mir dabei zu tief unten. Liegt daran, daß der Ventilkanal parallel zum Stürzenrand verläuft. Dementsprechend "unergonomisch" ist die Handhaltung.
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