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Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Do 15. Jan 2009, 23:09
von Altcorno
Hallo,

ich besitze ein Alexander 103, das nach Auskunft der Fa. Alexander aus den frühen sechziger Jahren stammt. Die Ventile seien nicht mehr dicht, und überhaupt würde man mir den Kauf eines neuen Instruments empfehlen. Verständlich und sicherlich ein gut gemeinter Rat.

Da das Horn bei mir ca. 20 Jahre ungenutzt herumgelegen hat, habe ich mir indessen erstmal ein gebrauchtes B-Horn (Finke Mod. 52) zugelegt und zwei Monate Ansatzstudien betrieben. Ich bin nun allmählich an dem Punkt, dass ich mich entscheiden muß, eines neues Horn zu kaufen oder da alte noch einmal professionell aufarbeiten zu lassen. Das Alexander, was ich habe, ist m. E. immer noch besser als alles andere, was ich zwischenzeitlich an neuen Hörner im mittelpreisigen Segment (z.B. Lidl, Hoyer, Yamaha) ausprobieren konnte.

Gibt es Instrumentenmacher, die Doppelventile nachdrehen und anpassen können?

Grüße

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Do 15. Jan 2009, 23:18
von www_corno_de
Also ich würde mit dem 103 noch einmal zu einem guten Instrumentenbauer gehen. Ich weiss ja nicht, wo du wohnst, aber es gibt Spezialisten, die vieles möglich machen. Und wenn gar nichts mehr geht, kann man auch eine komplette Maschine ersetzen. Kommt eben drauf an, wie gut das Horn wirklich ist.

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Fr 16. Jan 2009, 11:45
von Prof
Es muß ja nicht immer gleich der ganze Ventilstock aus gewechselt werden. Ventile nachdrehen kostet sehr viel, wobei das erwünschte Ergebnis noch nicht garantiert ist. Man kann aber die Ventile bzw. das entsprechende Ventil "tiefer legen", d.h. es werden die kleinen Ringe unten und oben um ca. 0,1 - 0,15mm abgedreht. Dann senkt sich der konische Drehkörper wie ein Glasstopfen einer Likörkaraffe tiefer in das ebenfalls konische Ventilgehäuse und das Ventil ist wieder dicht. Es sollte nicht vergessen werden, den Nippel des inneren Ventildeckels ebenfalls entsprechend abzudrehen. Das ist eine preiswerte und erprobte Lösung. Ein Einschleifen des Ventils ist dann unnötig.

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Fr 16. Jan 2009, 21:57
von Martin2
Die vom Prof geschilderte Möglichkeit ist sicherlich die paktikabelste Lösung. Man sollte sich aber direkt auch Kirnerschrauben in die Ventildeckel einbauen lassen. Diese Schräubchen dienen der Feinjustierung des Höhenspiels der Wechsel und verhindern, daß die Wechsel sich beim Drücken der Ventile anheben und dadurch klemmen. Besonders dann, wenn der Sprengdeckel gefalzt ist (mit seinem Rand auf dem Ventilgehäuse aufliegt) ist das sinnvoll. Beim konisch eingepaßtem (also beim eingelassenen) Sprengdeckel ist das weniger ein Problem: Er wird außen etwas abgedreht und läßt sich dadurch weiter nach unten einklemmen.
Bei meinem "Oldtimer" hatte ich das bei der Restaurierung leider verpaßt und die Ventile klemmten ständig. Durch den nachträglichen Einbau der Kirnerschrauben war das Problem gelöst.
Sollten die Lager verschlissen sein, können die Oberlager neu eingezogen werden und der untere Lagerzapfen bekommt einen neuen Sprengdeckel.
Der Einbau einer neuen Maschine ist weder günstiger noch sinnvoll, da das Horn ja seine Orginalität verliert und der Wert dadurch gemindert wird. Ebenso verhält es sich mit der Umrüstung auf Minibal- oder Unibalgelenke. Wenn die Schubstange (Drückerstange) im Ventilkopf klappert, versucht man es zuerst mit einem neuen Ventilkopf. Sollen die alten Köpfe erhalten bleiben, kann man zwischen das Auge der Schubstange und dem Kopf hauchdünne Kunststoffunterlegscheiben einlegen. Ist das Auge der Schubstange ausgeschlagen, so wird es aufgebohrt und mit Hartplastik ausgefüttert. (Miraphone hat sowas mal serienmäßig angeboten, bevor die Firma auf Kugelgelenke aus Kunststoff umgestiegen ist.) Sind die Kreuzgelenke am Drückerarm ausgeleiert, werden die Nieten aufgefeilt, die Hülsen nachgerieben und mit einem entsprechend dickeren Niet wieder zusammengebaut.

Wenn Du Adressen guter Instrumenmtenbauer möchtest, sende mir eine PN.

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Sa 17. Jan 2009, 14:31
von Altcorno
Für die ausführlichen Erörterungen und Hinweise herzlichen Dank!

Der freundliche Herr von Alexander erwähnte noch, dass man die Ventile 'aufnickeln' könne. Man riet mir allerdings im gleichen Atemzuge davon ab, da trotz erheblicher Kosten der Erfolg nicht garantiert werden könne.

Ein anderes Thema sind die Züge, konkret die dritten sowie der Stimmzug im B-Teil. (Das Horn hat natürlich keine Wasserklappen). Wechselt man die Züge im Zweifelsfall aus oder gibt es noch eine andere Möglichkeit?

Der unlackierte Schallbecher stammt aus den frühen Siebzigern. In welchem Zustand würde man den wechseln?

Freundliche Grüße

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Sa 17. Jan 2009, 15:36
von www_corno_de
Was ist den schlecht an den Zügen und am Schallstück? Pauschal kann man nicht sagen, wann man wechselt, ich habe schon Schallstücke gesehen, wo Flicken aufgelötet und eingezwickelt waren.
Und es gibt über 200 Jahre alte Inventionshörner die noch spielbar sind oder wieder spielbar gemacht werden konnten.

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Sa 17. Jan 2009, 17:28
von Michael_dL
Altcorno,
ich kann Dir nur sehr ans Herz legen, Meister Cornford, Tel. 06071/394228, um Rat zu fragen. Mein 100jähriges hat er perfekt gemacht; Ventile dicht, Ansprache gut - klingt nun wieder toll und spielt sich auch so. Alle rieten mir ab, auch bei Alex, ich habe es trotzdem machen lassen und es nicht bereut. Der Mann kann's!!!

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: So 18. Jan 2009, 15:27
von Martin2
Ausgelutschte Ventilzüge kann man mit speziellen Dornen aufweiten. Aber nur, wenn die Züge aus nahtlosem Rohr gefertigt sind! Genahtete Rohre neigen beim Aufweiten zum Platzen. Für nicht ganz so krasse Fälle reicht auch die Verwendung von "Hetman Nr. 7 P". Das ist ein Zug-Gel, rein synthetisch und es hält auch alte Züge in Position und sorgt für gute Abdichtung.

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Do 22. Jan 2009, 10:41
von Prof
Hallo Martin !
Deine Mitteilung bez. Hetman No.7 ist große Klasse und hilft sicher vielen weiter.

Weit besser ist es, die Ventilzüge erst nicht so weit kommen zu lassen, daß sie undicht werden. Komisch, bei meinen professionell genutzten Hörnern war nie ein Zug undicht. Warum: die Züge wurden NIE blank poliert !!! Ich habe die Züge unregelmäßig in Abständen von einigen Monaten einfach nur abgewischt (nehme dazu jetzt auch ein Mikrofasertuch aus dem Supermarkt) und neu mit dem üblichen Zeug gefettet.

Re: Ventile drehen lassen

BeitragVerfasst: Do 22. Jan 2009, 17:44
von Martin2
Nun ja, wer hergeht und die Innenzüge putzt / poliert, muß sich nicht wundern, wenn die während des Blasens rausfliegen! Ich bin allerdings auch davon ausgegangen, daß das in diesem Fall nicht passiert ist.
Das "Hetman 7" ist aber das normale Gel. Das extra starke Zeug nennt sich "7 P". Übrigens: Wenn innere UND äußere Züge aus Messing sind, würde ich kein Zuggel verwenden! Das klebt regelrecht, weil das Messing von der Oberfläche her vier grober ist, als Neusilber! Hier ist zähes Fett wie "La tromba cork and slide Grease" oder "Hetman 8" besser.
Beim neuerlichen Einfetten der Züge ist es aber ratsam, die Außenzüge mit zusammengezwirbeltem Küchentuch auszuputzen, damit man den alten Schmodder nicht in die Ventile drückt! Dort wird das Zeug mit der Zeit nämlich hart.