Tipps für Tiefe?

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Tipps für Tiefe?

Beitragvon DerGoettinger » Mi 23. Okt 2024, 17:10

Hallo zusammen,

ich bin in der Situation, mir recht schnell Tiefe aneignen zu müssen für Beethoven Eroica 2. Horn (ja, genau "dafür")

Hintergrund:
Ich bin ursprünglich Posaunist (hochversierter Laie), hab aber aus Gründen vor knapp 15 Jahren das Horn dazugenommen und bin vor knapp 8 Jahren komplett aufs Horn gewechselt. Höhe und Ausdauer war für mich nie ein Problem (a2 ist inzwischen problemlos) und am Ton hab ich die letzten Jahre auch gearbeitet. Aktuell hab ich ein originales 103 aus den frühen 80ern (gebraucht aus Musikcorpsbeständen, ehem. Horn des Solohornisten), das auch sehr gut anspringt (zumindest bei mir, hab mal ein neueres 103 und ein Dürk-Pendant dazu gegengeprüft). Als Mundstück spiele ich seit etwa vier Jahren (und einigem Herumprobieren) ein McWilliam 2 (und bisher war es perfekt für mich)

Nun müssen wir aber im Hornsatz umdisponieren und mir fällt die Rolle des 2. Hornisten zu. Problem: unten wird bei mir die Luft dünn. e1 und d1 gehen noch, zum c1 brauch ich in der Regel schon "Anlauf" (und selbst dann wirds auch nur ein c1 im mf), darunter kommt aktuell meistens nur Luft. Bisher war das auch nie ein Problem, weil selbst die tiefsten Stellen für mich maximal bis zum d1 'runtergingen. Aber jetzt, für den Sprung runter zum b im Scherzo, reicht das einfach nicht.

Hat jemand Tipps, Übungen etc., mit der ich mir gut Tiefe erarbeiten kann?
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Re: Tipps für Tiefe?

Beitragvon triangle » Do 24. Okt 2024, 09:40

Nach 15 Jahren Hornerfahrung willst Du lernen die unteren 2 Oktaven auf Deinem Musikinstrument zu spielen. Mir ist als erstes ein Sprichwort eingefallen.
"Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr." Nichts für ungut...

Wir können uns die Frage stellen, warum "e1 und d1 noch geht und Du zum c1 in der Regel schon Anlauf brauchst".
Eine Erklärung wäre, dass Du für tiefere Töne mit Deinem Ansatz immer lockerer wirst. Bei c1 ist Dein Ansatz bereits so locker, dass Du keinen Lippendruck gegen die Schneidezähne hast und Dein Ton unsicher wird. Die Grenze der Lockerheit ist erreicht und tiefer geht mit Lockerheit nichts.
Ich behaupte, dass die meisten Hornisten bei e1 bis g eine Grenze erreichen, an der mit mehr Lockerheit die tiefen Töne dünn werden und der Lippendruck auf die Schneidezähne sehr gering wird.
Aber wie spielt man auf dem Horn tiefe Töne c1 - c - C ? Wichtig ist, den Kontakt der Lippen an die Schneidezähnen nicht zu verlieren. Ich zum Beispiel drücke beim e1 und c (also über eine Okatve) genauso gegen die unteren Schneidezähne.
Um die tiefen Töne spielen zu können öffnet man ein wenig den Unterkiefer. Oder man schiebt den Unterkiefer etwas nach vorn. Der Druck auf die oberen Schneidezähne wird geringer. Der Kontakt zu den unteren Schneidezähnen bleibt bestehen. Am besten Du konsultierst einen erfahrenen Hornpädagogen und lässt Dir das genau zeigen.
Leider ist Beethoven 3. Sinfonie Trio das zweite Horn eine bekannte Probespielstelle. Und zwar weil die Passage so schwer ist. Viel Spaß beim üben und viel Erfolg im Konzert.

Viele Grüße
Andreas
Zuletzt geändert von triangle am Fr 15. Nov 2024, 15:18, insgesamt 4-mal geändert.
mein Blog tiefeshorn.de
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Re: Tipps für Tiefe?

Beitragvon triangle » Do 24. Okt 2024, 09:58

Wenn Du die tiefen Töne spielen kannst hätte ich ein Übungsschema, dass mir seinerzeit sehr geholfen hat.
https://tiefeshorn.de/tiefe-quinten/

Viele Grüße
Andreas
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Re: Tipps für Tiefe?

Beitragvon DerGoettinger » Do 24. Okt 2024, 17:11

triangle hat geschrieben:Nach 15 Jahren Hornerfahrung willst Du lernen die unteren 2 Oktaven auf Deinem Musikinstrument zu spielen.
Naja, "wollen" ist vielleicht nicht der richtige Ausdruck. Was bleibt mir anderes übrig. Es muss ja gespielt werden. :lol:

triangle hat geschrieben:Eine Erklärung wäre, dass Du für tiefere Töne mit Deinem Ansatz immer lockerer wirst. Bei c1 ist Dein Ansatz bereits so locker, dass Du keinen Lippendruck gegen die Schneidezähne hast und Dein Ton unsicher wird. Die Grenze der Lockerheit ist erreicht und tiefer geht mit Lockerheit nichts.
Das hört sich tatsächlich so an, als wäre das bei mir so

triangle hat geschrieben:Wichtig ist, den Kontakt der Lippen an die Schneidezähnen nicht zu verlieren. Ich zum Beispiel drücke beim e1 und c (also über eine Okatve) genauso gegen die Schneidezähne.
Um die tiefen Töne spielen zu können öffnet man ein wenig den Unterkiefer. Oder man schiebt den Unterkiefer etwas nach vorn.
Ich werde das mal so üben (und mich auch mal an die Hornisten unserer Oper hier wenden für Unterricht). Leider kann ich meine Erfahrungen von der Posaune hier nicht übertragen - außer vielleicht die Erkenntnis, dass es plötzlich da ist, wenn man nur übt. So ging es mir zumindest da vor bummelig 40 Jahren.

triangle hat geschrieben:Leider ist Beethoven 3. Sinfonie Trio das zweite Horn eine bekannte Probespielstelle. Und zwar weil die Passage so schwer ist.
:oops: Ich werd auf jeden Fall mein bestes geben.
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Re: Tipps für Tiefe?

Beitragvon Waldviertel » Di 29. Okt 2024, 09:54

Hallo Göttinger,
ich finde die Tiefe auf dem Horn richtig imposant.
Selbst ein Amateur, hat sie mir nie Schwierigkeiten gemacht.
Ich habe sie aber von Anfang an auch immer gepflegt, und zwar ganz einfach: Trotz aller Warmups etc. bin ich ein Fan von Tonleitern: So hoch wie möglich, so tief wie möglich, und Dreiklangszerlegungen genauso.
Das gehört zum täglichen Spielen einfach fix dazu.
Und zwar alle Dur-Tonarten, inklusive der freundlichen Fis-Dur :D
Ich starte meist in der eingestrichenen Oktave, gehe hinauf bis zum Plafond (c´´´), und hinunter bis in den tiefsten Keller.
Versuche das einmal, c´- c´´ (oder höher bis g´´), dann wieder hinunter, unters c´bis möglichst tief.
Dann die Cis/Des-Dur, die D-Dur and so on...
Schritt für Schritt, jeden Ton auskostend, es geht nicht um Tempo, sondern um Atmung, Ansatz und Gefühl.
So, als würdest du dir ein Schloss zum ersten Mal ansehen, alle Stockwerke besichtigen, nichts übersehen...
Und noch ein Tipp: "Pedaltöne", also auf dem F-Horn c (kleines, notiert) und in Halbtönen alle Töne darunter, Schritt für Schritt, bis zum Fis (großes, notiert).
Viel Luft, und richtig hineinfallen lassen in die Töne, die Schwingungen körperlich genießen, das Lockern der Lippen spüren...
Ich LIEBE Etüden, wo es auch "in den Bassschlüssel geht" :D
Viel Erfolg!
Waldviertel
 
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Re: Tipps für Tiefe?

Beitragvon Waldviertel » Mo 4. Nov 2024, 10:26

Eine Erklärung wäre, dass Du für tiefere Töne mit Deinem Ansatz immer lockerer wirst. Bei c1 ist Dein Ansatz bereits so locker, dass Du keinen Lippendruck gegen die Schneidezähne hast und Dein Ton unsicher wird. Die Grenze der Lockerheit ist erreicht und tiefer geht mit Lockerheit nichts.
Ich behaupte, dass die meisten Hornisten bei e1 bis g eine Grenze erreichen, an der mit mehr Lockerheit die tiefen Töne dünn werden und der Lippendruck auf die Schneidezähne sehr gering wird.
Aber wie spielt man auf dem Horn tiefe Töne c1 - c - C ? Wichtig ist, den Kontakt der Lippen an die Schneidezähnen nicht zu verlieren. Ich zum Beispiel drücke beim e1 und c (also über eine Okatve) genauso gegen die Schneidezähne.


Hallo Triangle,
vielleicht meinen wir eh das selbe, aber bei Selbstbeobachtung meine ich doch, dass in der Tiefe ab c1 hinunter eben kein Druck mehr auf die Schneidezähne spürbar ist.
Die Lippen werden immer entspannter. Aber sie bleiben unter Spannung, auch wenn sich Ober- und Unterlippe immer mehr voneinander entfernen.
Und: Die kontrollierte Luftführung, mit guter "Stütze" bleibt wichtig, mit "Hauchen" geht da nichts.
Ist wie beim Kontrabass: Für die Tiefe muss die Saite frei und gut schwingen können, aber ordentlich anzupfen oder anstreichen muss ich sie trotzdem.
Da ich hobbymäßig auch singe kann ich das gut vergleichen, Tiefe = Bauch"stimme", weit aufmachen,die Resonanz spüren, aber viel Luft, Höhe = Brust"stimme", mehr Druck um den Widerstand der Stimmbänder = Saiten = schwingende Lippen beim Hornspielen zu überwinden.
Egal, auf welches Problem man stößt, man landet doch meist wieder bei einer guten und ausdauernden Luftführung. :)
Waldviertel
 
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Re: Tipps für Tiefe?

Beitragvon triangle » Do 7. Nov 2024, 12:21

Zwei Aspekte habe ich oben nicht genannt.
Der Ansatz des Mundstücks an die Lippen ist bei den meisten Hornisten ca. 2/3 an der Oberlippe und 1/3 an der Unterlippe. Der Mundstückrand liegt an der Unterlippe im Bereich der Grenze des Lippenrots. Bei dem einen noch im Lippenrot und bei anderen auf oder über der Grenze des Lippenrots - je nach Ausprägung der Lippen. So habe ich es bei Gerd Seifert gelernt. So beschreibt Philip Farkas den Hornansatz in seinen Ansatzstudien. Ich war mit 16 Jahren so ein hoffnungsloser Fall ohne Tiefe und habe es trotzdem gelernt... "So ist die beste Tongebung gewährleistet" hat Gerd Seifert gesagt.

Wir haben über den Druck an die Schneidezähne gesprochen - aber nicht unterschieden zwischen oberen Schneidezähnen und unteren Schneidezähnen. Bei den tiefen Tönen behält man durch öffnen oder nach vorn schieben des Unterkiefers den Kontakt zu den unteren Schneidezähnen. Die Oberlippe kann so frei Schwingen und die tiefen Töne entstehen. EDIT: Das habe ich oben im Text geändert.

Bei DerGoettinger sprechen die Töne unterhalb c1 nicht an.

Meine Überlegung:
Zum Ansprechen der tiefen Töne probiere nicht ausschließlich von der Mittellage aus immer tiefer zu spielen. Das funktioniert bei Dir nicht so leicht.
Vielmehr übe ein anderer Weg. Nimm gleich das c mit Lippenkontakt gegen die unteren Schneidezähne. Wenn ein c anspricht bist Du auf einem guten Weg.
Ansonsten konsultiere einen Hornpädagogen, der Dir das genauer zeigt und mit Dir gemeinsam übt.

Viele Grüße
Andreas
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