Haltbarkeit

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Re: Haltbarkeit

Beitragvon Prof » Di 21. Apr 2009, 07:40

Warum ist das Lackieren eines älteren Instrumentes teuer ? Ganz einfach. Das Instrument muß ganz zerlegt und eventuell erst repariert werden. Alle Teile müssen perfekt gereinigt und auf Hochglanz poliert werden. Das ist nur in langwieriger Handarbeit möglich. Das Lackieren ist dann gar nicht mehr so viel Arbeit. Der abschließende Zusammenbau dauert auch etwas. Eine Meisterstunde unter EUR 40.- ist wohl auch nicht mehr möglich. Es sind aber viele Stunden.
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon Altcorno » Di 21. Apr 2009, 21:38

Prof hat geschrieben:Warum ist das Lackieren eines älteren Instrumentes teuer ? Ganz einfach. Das Instrument muß ganz zerlegt und eventuell erst repariert werden. Alle Teile müssen perfekt gereinigt und auf Hochglanz poliert werden. Das ist nur in langwieriger Handarbeit möglich. Das Lackieren ist dann gar nicht mehr so viel Arbeit. Der abschließende Zusammenbau dauert auch etwas. Eine Meisterstunde unter EUR 40.- ist wohl auch nicht mehr möglich. Es sind aber viele Stunden.


Der Auftrag lautet 'Retrofit' , d.h. das Instrument wird ohnehin auseinander gelötet. Das Reinigen und Polieren dürfte dabei die meiste zusätzliche Zeit beanspruchen. Ich kann das leider nicht vorarbeiten, da das Metall streckenweise stumpf ist und braune Flecken aufweist, was man mit Hausmitteln nicht so einfach weg bekommt.

Für die Stunde würde ich 65 EUR in der Vorkalkulation (nicht Lohntüte) ansetzen. Der Auftrag ist erstmal mit 1.000 EUR freigegeben. Ich schließe aber nicht aus, dass ich mir nicht trotzdem noch ein neues Instrument zulege und das alte als Erinnerungsstück behalte. Auch unter diesem Gesichtspunkt scheint mir die Lackierung zweckmäßig zu sein.
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon alexpansa » So 10. Jan 2010, 13:26

Ich stehe kurz vor dem Kauf eines neuen Instrumentes. Deshalb habe ich hier noch mal nachgeschaut. Der Instrumentenmeister meint das Gold-Messing mehr zum Durchschwitzen neigt, als Gelb-Messing, da es mehr mit dem Schweiß reagiert. Ich kannte diese Theorie/Praxis genau anders herum.
Nach dem durchlesen neige ich eigentlich zum Versilbern im Schall,ansonsten ohne Lack. Ich bin mir nicht sicher, ob Silber zu sehr das Horn verändert.
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon Steffen » So 10. Jan 2010, 17:47

Hallo zusammen,

Martin2 hat geschrieben:Das mit der nicht reagierenden (oder weniger reagierenden) Oxydschicht ist ne interessante Theorie. Wer kann das beantworten?


So ein ähnliches Thema hatten wir schon mal vor kurzem. Die Oxidationsreaktion von - in diesem Fall - Metallen mit dem Sauerstoff aus der Umgebungsluft zu Metall-Oxiden ist immer dann ein Problem, wenn ein direkter Kontakt zwischen den beiden reaktiven Stoffen Metall und Sauerstoff besteht, somit beim unlackierten Horn oder bei beschädigten Lackschichten, beschleunigt wird die Reaktion bei hohen Luftfeuchtigkeiten (Feuchtigkeit im Horn nach dem Einsatz), da im Wasser(dampf) zusätzlicher Sauerstoff gelöst ist, und dabei die Elektronenwanderung (Metall gibt bei der Oxidation Elektronen ab, die zum Sauerstoff wandern) schneller vonstatten geht, siehe auch wikipedia. Zunächst wird logischerweise nur die Oberfläche angegriffen, die ist am nächsten zum Sauerstoff. Metalloxide können unter normalen Umständen natürlich nicht mehrmals mit Sauerstoff reagieren, daher die "Schutzschicht". Nach Bildung der Oxidationsschicht braucht der Sauerstoff etwas länger, um in die [rein metallischen] Bereiche hinter der Oxidschicht vorzudringen. Da sich die spröden Oxide jedoch schneller von der Oberfläche ablösen als das Metall in der Legierung des Instruments, geht die Korrosion natürlich weiter.

Die Oxidschicht, die sich oberflächlich bildet, funktioniert aber nicht bei allen Metallen auch als [kurz- bis mittelfristige] Schutzschicht (wie z.B. bei Kupfer über einen längeren Zeitraum von ein paar Jahren, sog. Grünspanbildung, hier bilden sich noch zusätzlich basische Salze zum Schutz; angreifende Säuren reagieren dann zunächst mit den Salzen). Eisen und Stahl rosten ungeschützt wie der Teufel.
Kupferdächer bspw. werden heutzutage durch Beschichtungen entweder im Roh- oder "patinierten" Zustand mit einer Schutzschicht versehen, um dies zu konservieren, sprich, um die Sauerstoffzufuhr zu unterbinden.
Unter der Fraunhofer-Instituts-homepage http://www.baufachinformation.de/denkmalpflege.jsp?md=1988017109039 (hoffentlich funktioniert der link) einiges, wen´s interessiert.

Mit Chloriden gibt es dann auch noch die Oxidationsreaktion ohne Sauerstoffbedarf, funktioniert analog.
Oxidation bedeutet immer Abgabe von Elektronen, Reduktion die Aufnahme, das gibt dann die Redoxreaktion. Das hat bestimmt jeder schon mal gehört.

Zurück zum Horn:
Da wir es im Instrumentenbau zudem noch mit Legierungen zu tun haben, wirds problematischer. Neben Kupfer ist auch ein großer Anteil Zink enthalten, das bei Oxidation diese "rote Pest" bildet, das wird mit der Zeit ziemlich spröde und zerbröselt dann, beim Zink dauert das aber relativ lange (Beim Verzinken von Metallteilen dient die Zinkschicht eigentlich als Opferschicht, da diese weniger korrosionsanfällig ist wie z.B. der Stahl eines Balkongeländers).
Dass bei Goldmessing Zinkfraß weniger häufig bis gar nicht auftritt, kann ich mir nur so erklären, dass dort der Kupferanteil höher und der Zinkanteil entsprechend niedriger ist als bei Gelbmessing. Das können uns aber sicher die Instrumentenbauer im Forum noch näher erläutern.

Jetzt hab ich aber genug geschrieben. Eigentlich wars nur ne Zusammenfassung aus den verschiednen Beiträgen... Bitte um Korrektur, wenn inhaltlich was falsch ist, bin ja auch nicht allwissend.
Bei pfleglicher Behandlung mit Auslüften, Verwendung eines Mikrofasertuchs, regelmäßiger Reinigung von innen usw. halten die Instrumente über viele Jahre, lackierte bei gleicher Behandlung natürlich etwas länger.

Zum Schluss noch eine provokative Frage: ist der klangliche Unterschied zwischen einem unlackierten oder lackierten Horn wirklich so eklatant, oder hört man das nur als Vollblutmusiker??
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon Peter » So 10. Jan 2010, 19:23

Ich besass jede Menge historische Instrumente (Collection Vouillermoz). Diese Instrumente waren alle aus normalen Messing und unlackiert. Sie zeigte keine Verbraucherspuren (ausser Beulen oder ähnliche "Unfälle").
Wie auch immer, sie schienen gegen Abnutzung gefeit. Man kann übrigens die Stellen an der linken Hand erst mit einem Löschblatt umwickeln und dann mit Leder oder Ähnlichem darüber. wickeln Das funktioniert sehr gut. Microfasertuch oder Waschleder ist sehr gut.
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon Martin2 » Mo 11. Jan 2010, 16:38

Es darf aber auch bedacht werden, daß das Material historischer Instrumente viel dichter ist, als modernes, gewalztes Messingblech. Bevor es Walzwerke gab, die massenweise günstiges Blech ausstießen, wurden Bleche aus Metallblöcken herausgeschlagen. D.h., es wurde solange auf den Metallbock gehämmert, bis er dünn war. Ähnlich dem Verfahren, das Schwertfeger beim Damaszenerstahl angewendet haben, nur, daß beim Messing keine verschiedenen Legierungen (hart / weich) zusammengeschweißt (-geschmiedet) wurden.
Ich habe noch nie ein historisches Instrument mit Zinkfraß gesehen. Und der edle Klang, den alte Instrumente meist hergeben, gepaart mit superleichter Ansprache, rührt ebenfalls von der hohen Verdichtung des Materials her. Selbst die besten Kopien (etwa Egger- Trompeten) kommen da nicht ran.
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon jockel » Do 27. Mai 2010, 06:55

Was kann man tun wenn die braunen Flecken am Schallbecherrand (außen) auftreten.

Muss dann der Lack entfernt und anschließend poliert werden ?
Ist es überhaupt zu beheben ?

Antworten wären super.
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon Peter » Do 27. Mai 2010, 12:23

Jockel, ich denke, Du hast Recht: Entlacken, Polieren, entfetten und sorgfältig neu lackieren.
Lack ist praktisch - das Horn ist immer blank.

Ich komme aber immer mehr ab vom Lackieren.
1. ist nicht auszuschließen, dass der Lack etwas dämpft.
2. Reparaturen sind bei unlackierten Hörnern leichter.
3. Ich bin mir nicht sicher, ob der Lack nicht sogar den Zinkfrass begünstigt
4. ist es auch eine estetische Frage.Ich finde, unlackierte Hörner sehen ehrlicher aus, oder???!!!
Ich frage oft, welchen Honig findest Du besser: Den klaren durchsichtigen Nanglese Industrie-Honig oder echten trüben Heidehonig?

Sauberkeit und Pflege sind unabdingbar für den Erhalt der Hörner.
Patina schützt.
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon Raphael » Do 27. Mai 2010, 18:06

Wenn du das Horn noch längere Zeit behalten willst, solltest du auf jeden Fall bald handeln, denn von alleine wird der Zustand nicht besser. Also vom Profi entlacken lassen, schauen, wie weit das Metall schon angegriffen wurde und dann reinigen, polieren und gegebenenfalls lackieren lassen. Wenn das Problem nur am Schallbecher auftritt und dieser kein besonders teurer "handgehämmerter" Becher aus exotischem Material (Sterlingsilber etc.) ist, wäre vielleicht ein neuer Schallbecher die bessere Lösung (es sei denn dein Becher ist nicht abschraubbar und du willst das auch nicht ändern). Man wird dann natürlich einen Unterschied zwischen dem neuen Becher und dem restlichen Korpus bemerken.

Je länger ich darüber nachdenke, ob mein nächstes Horn lackiert oder unlackiert sein soll, desto mehr komme ich wie auch geschätzter Peter vom Lackieren ab. Die modernen Wasserlacke sind mehr ein temporärer Schutz und sehen nur bis zum unvermeidlichen Abblättern oder der Kratzerbildung schön aus, danach werden sie eher zum Problem. Ein unlackiertes, gut gepflegtes Intrument wirkt meiner Meinung nach dann ästhetisch besser. Man darf einem Horn das Alter auch etwas(!) ansehen, ähnlich wie automobilen Oldtimern, die heute im Zustand 1a seltsam (oder unehrlich) wirken.
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Re: Haltbarkeit

Beitragvon Beate_Pokorny » Do 27. Mai 2010, 23:47

Lieber Jockel! :)

Erst mal stellt sich die Frage, aus welchem Material Dein Horn ist. Bei Messing kann man dann durchaus vom sog. Zinkfraß am Becherrand Deines Instrumentes ausgehen, da heißt es schnellstens in die Werkstatt und Lack runter... evtl. ist der Becher zu retten, und die o.g. Überlegungen dürfen angedacht werden. Bei Goldmessing oder Neusilber ist das wohl (lt. meinem Instrumentenmacher) nicht so schlimm, oft hilft es schon, wenn am Bördelrand des Schalls der Lack eingeritzt / -geschnitten wird, damit die beim Lackieren verbliebene Restflüssigkeit entweichen kann. Beim nächsten Lackieren - das sollte so in etwa alle 10-20 Jahre der Fall sein - wird wieder alles gut. Evtl. kannst Du ja noch die Garantie geltend machen, auf jeden Fall würde ich unverzüglich den Blechblasinstrumentenmacher meines Vertrauens aufsuchen. Bei Sterlingsilber entfällt die Sorge zwecks Zinkfraß ganz.

Vermutlich treten Die Probleme mit dem Zinkfraß seit Einführung der modernen Lackierungs-Methoden wieder verstärkt auf. Mit Sicherheit verstärkt feststellbar ist der Zinkfraß lt. Wikipädia an Buntmetallen chinesischer Produktion. Mir persönlich ist allerdings kein Fall von Zinkpest an Instrumenten solcher Produktion bekannt, vermutlich arbeiten die noch mit alten Lackiermethoden. Letztendlich enscheidend wird m. E. lediglich die Verarbeitung und der Umgang nit dem Lack sein. So ganz persönlich gesprochen: mein Eindruck ist, seit unsere Blechblasinstrumentenmacher alles weg schicken müssen, da sich eine Lackieranlage auf Grund verschärfter (umweltbezogener) Vorschriften nicht mehr rentiert, ist der Standard deutlich gesunken.

Viel Glück mit Deinem Instrument,
Bussi, BEATE :lol:
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