Interpretation

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Re: Interpretation

Beitragvon www_corno_de » Sa 25. Apr 2009, 09:06

Schumann hat sein op.70 offensichtlich am hornistische Können der Spitzenhornisten der Schuncke-Familie ausgerichtet.

So eine Tatsache darf man nicht aus dem Bauchgefühl heraus, schon gar nicht jungen Dachsen, ohne Quellen vermitteln.
Ich halte diese Behauptung für schlicht falsch, weil vollkommen unbewiesen. Natürlich hatte Schumann zur Familie Schunke Beziehungen, allein durch seinen 1834 in Leipzig verstorbenen Freund Ludwig Schunke.
Mit Joseph Rudolf Lewy und dem jungen Carl Heinrich Hübler hatte Schumann in Dresden zwei ausgezeichnete Ventilhornisten und wie Schumann selber aufzeichnet, gehörte wohl auch Julius Schlitterlau dazu. Diese drei Hornisten und der Hornist Kieser spielten 1849 in Dresden privat für Schumann sein Konzertstück, das mit Ventilhörnern.
Da Schumanns Adagio und Allegro op.70 schon 1849 im Druck erschien werden auch Schunke-Hornisten dieses Werk sehr früh gehabt haben.
Für eine Ausrichtung am hornistischen Können Dresdner Hornisten sprechen die Sekundärquellen. Gegen Schunkes der Beleg, das ein Geiger dieses Werk uraufführte!
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Re: Interpretation

Beitragvon HHHornist » Sa 25. Apr 2009, 10:52

Also ich habe das Adagio und Allegro auch schon mit Oboe gehört. Wenn ich mich recht erinnere sogar im Radio.

Grundsätzlich meine ich, jeder darf spielen was ihm Spaß macht, allerdings fände ich es gut, wenn er darauf hinweisen würde, dass es ursprünglich für ein anderes Instrument geschrieben wurde, was hier offenbar versäumt wurde. :|


Die Interpretation an sich ist in der Tat nicht besonders gelungen
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Re: Interpretation

Beitragvon www_corno_de » Sa 25. Apr 2009, 12:22

Stimmt, ein Freund von mir, Bernhard Forster hat das auf CD aufgenommen
http://www.jpc.de/jpcng/home/detail/-/hnum/2651853/iampartner/a31
Zum üben gibt es eine Begleit-CD ohne Horn:
http://www.jpc.de/jpcng/home/detail/-/hnum/7040291/iampartner/a31
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Re: Interpretation

Beitragvon Prof » So 26. Apr 2009, 07:16

Die Schunckes sind nur ein Beispiel der Schumann inspirierenden Hornisten, zu denen natürlich auch die Hornisten aus Dresden gehört haben. Außerdem ist das dann doch nicht so wichtig. Wichtig ist es nur, daß eben jene Hornisten eine enorme Technik gehabt haben. Oder hat Schumann etwa wie später Wagner im Orchester durch seine kompositorischen Ansprüche erst diese hornistischen Fähigkeiten "provoziert" ? Hatten nicht schon andere frühe Ventilhornvirtuosen sich selbst heute noch als sehr schwierig empfundene Virtuosenstücke "auf den Leib geschrieben" ?
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Re: Interpretation

Beitragvon Altcorno » So 26. Apr 2009, 07:25

Prof hat geschrieben:Hatten nicht schon andere frühe Ventilhornvirtuosen sich selbst heute noch als sehr schwierig empfundene Virtuosenstücke "auf den Leib geschrieben" ?


In dem Zusammenhang: Kennt jemand die Entstehungsgeschichte des Konzerts von Clemens August Kiel?
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Re: Interpretation

Beitragvon Prof » So 26. Apr 2009, 17:35

Na, so schlimm ist das Konzert von A.Kiel gar nicht. Es ist nur sehr viel zu spielen. Die hohen Stellen halten sich in Grenzen und sind meist nur ganz kurz. Es geht immer rauf und runter. Der Ansatz wird also gleichermaßen in der Höhe, der Tiefe und in der Mittellage gefordert, also im guten Ausgleich. In der Einleitung ist eine dreitaktige Sequenz von Lippentrillern, gefolgt von einem Dreiklangaufstieg zum c3. Am Ende der Einleitung steigt das Solohorn vom "f" unter dem System runter zum tiefen C. Von Takt 46 bis zum Ende des ersten Satzes gibt es nur zweimal ein notiertes as2 (einmal davon in der Cadenz). Tiefster Ton ist jeweils das g unter dem Notensystem. Im zweiten Satz bewegt sich das Solohorn zwischen g2 und "f" unter dem System. Im dritten Satz wird der ganze Umfang zwischen "es" unter dem System bis hinauf zum "es3", Noten die jeweils nur einmal verlangt werden, gefordert. B2 kommt 2x, d2 Sprung zum h2 3x, g2 Sprung zum c3 1x, d2 Sprung zum a2 1x, c3 3x. Dabei werden die Extremtöne es3 in aufsteigender Linie vom f2 ausgehend, das c3 am Schluß aufsteigend in Triolenfolge erreicht. Der Großteil der verlangten Noten im Schluß-Satz liegt zwischen g unter dem System und g2, also im besten Bereich. Der Notentext ist relativ einfach (Dreiklänge, Skalen, Triolenfolgen) und auf der F-Seite ziemlich einfach zu bewältigen. Natürlich nimmt man für die hohen Töne das B-Horn als Hilfe. Bei den vielen "Arpeggien" in F-Dur (unser C-Dur) hilft es, wenn man das e1 mit B2 greift (ist einfach leichter !), das d2 mit F0 und natürlich das a2 mit B12. Die Schlußnudelei mit den Triolen ist auf der B-Seite ein Alptraum, auf der F-Seite (da man nur das 2.Ventil einsetzen muß) ganz simpel und kann in jeder Geschwindigkeit abgeliefert werden. Das Konzert von Kiel ist allerdings nichts für Feiglinge. Man braucht etwas Mut für die Sprünge und darf kein Problem haben (keinen Bruch im Ansatz, sonst gehen die großen Sprünge nicht !). Außerdem geht der Notentext sehr schnell ins Gehör und kann gut memoriert werden.

Wegen der Entstehungsgeschichte des Konzerts verweise ich auf Prof.Michael Höltzel.

Bei mir gibt es sowohl Klavierauszug als auch Partitur (Orchestermaterial leihweise).
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Re: Interpretation

Beitragvon Altcorno » Mo 27. Apr 2009, 18:54

Prof hat geschrieben:Na, so schlimm ist das Konzert von A.Kiel gar nicht.


Nun ja, für einen Amateur reicht es gerade eben ...

Mich deucht, als hätte da einer mal so richtig ausprobiert, was ein Ventilhorn der damaligen Zeit hergibt. Für wen ist das denn geschrieben worden?

>>>
Wegen der Entstehungsgeschichte des Konzerts verweise ich auf Prof.Michael Höltzel.
<<<
Wenn Sie da noch eine Fußnote hätten.
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Re: Interpretation

Beitragvon Prof » Di 28. Apr 2009, 06:44

Die im Kiel-Konzert verlangte Virtuosität geht nicht viel über Kopprasch hinaus. Alles liegt hervorragend auf dem F-Horn. Man muß nur professionelle Geläufigkeit besitzen. Ooops ! Kann man das auch beim durchschnittlichen Berufshornisten voraussetzen ??? Müßte man, kann man aber leider nicht ! Diese Allround-Hornisten mit brillianter Technik und Sicherheit in den Spitzentönen sind sehr dünn gesäht. Kiel war Schüler von Ludwig Spohr. Vielleicht hatte er den Hannoveraner Carl Daniel Lorenz als Solisten im Visier, der ungefähr die gleichen Lebensdaten wie Kiel hat. Carl Matys hat für Lorenz auch in ähnlichem Stil komponiert. -

Klar, daß das Konzert für einen Amateur eine ziemliche Nuß ist, ist es doch nicht für den Amateur bestimmt, dem jedoch die Beschäftigung damit doch Spaß machen kann. Ich hätte da eine Aufnahme mit Baborak (gibt es aber - glaube ich - noch im Shop des Bayerischen Rundfunks) und ein (Teil) Video (selbst beim Wettbewerb gemacht). Beeindruckend wie Baborak das spielt.
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Re: Interpretation

Beitragvon Altcorno » Di 28. Apr 2009, 15:29

Prof hat geschrieben:Klar, daß das Konzert für einen Amateur eine ziemliche Nuß ist, ist es doch nicht für den Amateur bestimmt, dem jedoch die Beschäftigung damit doch Spaß machen kann. Ich hätte da eine Aufnahme mit Baborak (gibt es aber - glaube ich - noch im Shop des Bayerischen Rundfunks) und ein (Teil) Video (selbst beim Wettbewerb gemacht). Beeindruckend wie Baborak das spielt.


Schönen Dank!

Man kann es natürlich studieren (sonst hätte ich mir die Noten auch nicht gekauft). Ich besitze die Aufnahme mit Zuk, der allerdings die geschriebene Kadenz (in der IMC Ausgabe)etwas abgewandelt hat. Die Aufnahme mit Baborak interessiert mich natürlich. Mal sehen, ob man vom BR noch eine Scheibe bekommt.
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Re: Interpretation

Beitragvon Peter » Di 26. Mai 2009, 10:31

Ehrlich gesagt, weis ich nicht genau für wen das Kiel-Konzert geschrieben ist.
Ich weis aber, dass im Fürstentum Lippe-Detmold im 19. Jahrhundert ein hervorragender, allseits bewunderter Hornist (auch von Brahms) lebte

August Cordes

Für ihn könnte das Kiel-Konzert geschrieben sein , ebenso wie das Konzertstück von Lortzing und die Kammermusikfassung der Brahm'schen D-Dur Serenade und Erstfassung vom op.40
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