Französisches System

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Re: Französisches System

Beitragvon Altcorno » Do 7. Mai 2009, 12:59

Thomas hat geschrieben:Gibt man mit einem halben Dutzend Ventilen denn nicht den Vorteil der geringeren Masse des B-Horns gegenüber dem Doppelhorn auf?
Wäre für hohe Sachen (klassischen Sinfonien, Konzerten, Oratorien in G, A, b-alto oder aus klanglichen Gründen auch zB. 2.Horn WO) ein auf Höhe optimiertes B-Horn mit A/Stopfventil eine bezahlbare Alternative zum Diskantdoppel?

Für solche Sachen wäre ein Quartventil doch nur überflüssiger Ballast.


Das kann man m. E. so sehen. Bei der Diskussion stand für mich die Frage des technisch Machbaren im Vordergrund. Vielleicht macht es auch mehr Sinn, ein möglichst leichtes Doppelhorn für diese Aufgaben zu verwenden.
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Re: Französisches System

Beitragvon Altcorno » So 10. Mai 2009, 20:34

Peter hat geschrieben:
ich bitte um Vergebung: ich hatte mich lediglich beim tiefen As geirrt: F-Ventil + 1/3

A mit F-Ventil 1/2 ist viel zu hoch . Der vorgeschl. C+F+ 1/3 dürfte auch zu hoch sein


Das ist doch alles insgesamt recht kompliziert! Ich frage mich, warum an B-Hörnern kein stufenloser Trigger wie bei Trompeten verwendet wird.

Tasächlich gab es das schon: Dennis Brain hatte sein Alexander 90 mit einem Quart-Trigger modifiziert. Morley-Pegge beschreibt so etwas an einem (seinem eigenen) C.F. Schmidt (s. Morley_Pegge, The French Horn, - Abb. VIII,1).
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Re: Französisches System

Beitragvon Prof » Mo 11. Mai 2009, 07:20

Mitnichten, auf dem Foto aus dem Hause Alexander Mainz, das auch auf dem Umschlag der von mir veröffentlichten DVD mit Dennis Brain zu sehen ist, sehe ich aber nur ein zuschalbares Quartventil, das im abgeschalteten Zustand als Stopfventil dient. Diese Sonderventile werden oft als Trigger bezeichnet. Ein Trigger ist aber ein während des Spielens zu betätigender Gleitzug zum Stimmungsausgleich bestimmter Töne (z.B. bei Trompete und Baßtuba). Ventilzüge mit eingebautem, separat zu betätigenden Umschalt- bzw. Zuschalt- oder Abschaltventil sind aber "ein alter Hut" (siehe die alten Echozüge). Den ersten "Trigger" hatte schon Philipp Dornaus am Anfang des 19.Jhdts. (siehe Allgemeine musikalische Zeitung).

Übrigens ist die von Peter vorgeschlagene Griffweise F-C-1-3 für das tiefe A, - für das As hätte es ja wegen des fehlenden Halbtones nicht getaugt - auf dem F-B/G-C Horn (franz.System mit aufsteigendem dritten Ventil) doch nicht das Richtige. Erst hinauf (von F nach G) und gleichzeitig wieder runter mit 1-3, wobei 1 einfach das G-Horn kompensiert. Umständlich ??? Das tiefe As geht nur mit F-12 und der rechten Hand, die es ja auch noch gibt. Ein dazugeschaltetes Stopfventil wäre zu kompliziert, verkrampft und zu hoch. Die rechte Hand müßte ausgleichen. Man könnte aber den Zug des Stopfventils gegen einen längeren Zug auswechseln, was aber nur ginge, wenn das Stopfventil z.B. von einem notorischen nur B-Seiten-Bläser im betreffenden Stück nicht gebraucht würde, da dieser ja nicht einmal für die Stopftöne auf die F-Seite wechseln würde.

Ist es denn nicht besser, stinknormale Griffe auf einem regulären F/B Horn zu verwenden und so die "allgemeine Verwirrung" zu vermeiden ? Und wieder sehr komisch. Niemand geht darauf ein, die Stimmungen D, E oder A auf der doch zur Verfügung stehenden F-Seite und dann eben die Spitzentöne oder höheren Einsätze auf der ebenfalls zur Verfügung stehenden B-Seite problemlos zu nehmen ? Sehr eigenartig und voreingenommen, erlaube ich mir zu bemerken. Man muß eben für manche Sachen auf der F-Seite etwas anders artikulieren. Bei sehr sorgfältiger Luftführung und korrektem Anstoß sollte auch das oft kritisierte "F-Horn-gruh-gruh" vermeidbar sein. Spielerische (vom echten Spielen und nicht vom Herumspielen !!) Disziplin ist einfach alles.

Und dazu bemerkt:
Wer mit den Fingern bei schnellen Passagen Probleme (z.B. in E-Dur oder A-Dur bzw. den entsprechenden Transpositionen) bekommt, wird sie auch durch zusätzliche Ventile oder angepaßte Ventile nicht beseitigen können, im Gegenteil sogar noch vermehren (ich erinnere an Pjönjang, - war aber doch gar keine so schnelle Passage).
Wer in der Höhe Schwierigkeiten hat, dem hilft auch kein wie immer geartetes "Hörnchen", dem hilft nur "Finger weg von diesen Stücken". Ein hohes Horn (Diskanthorn) hilft nur dem, der sowieso eine gute Höhe hat. Punktum ! Ausrufungszeichen !

Weniger Ehrgeiz ist oft MEHR. Es gibt da ein Sprichwort, das für meine obigen Erfahrungen paßt: "Wer sich ins Feuer begibt, braucht sich nicht zu wundern, wenn er darin umkommt."
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Re: Französisches System

Beitragvon Thomas » Mo 11. Mai 2009, 12:17

Prof hat geschrieben:
Wer in der Höhe Schwierigkeiten hat, dem hilft auch kein wie immer geartetes "Hörnchen", dem hilft nur "Finger weg von diesen Stücken". Ein hohes Horn (Diskanthorn) hilft nur dem, der sowieso eine gute Höhe hat. Punktum ! Ausrufungszeichen !


Das ist wohl war; sie können aber helfen eine bestimmte Klangvorstellung zu verwirklichen und in Spitzenlagen für mehr Sicherheit zu sorgen.
(Sonst bräuchte man sie ja gar nicht.)

Geläufigkeit auf dem F-Horn kann einem bei Kreuztonarten das Leben mit dem Doppelhorn wirklich viel leichter machen. Alleine dafür hat es sich für mich schon alle Male gelohnt, mich gründlich mit dem F-Horn zu befassen. Hat zudem auch für erhöhte Treffsicherheit und Präzision auf der B-Seite gesorgt.
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Re: Französisches System

Beitragvon Prof » Mo 11. Mai 2009, 13:32

Thomas, das kann ich nur noch doppelt unterstreichen.

Damit man mich nicht hinsichtlich "franz.System tiefes A" mißversteht:

das tiefe A geht nur mit F-1-2, auch wenn es etwas zu hoch ist. Muß eben auch etwas abgedeckt werden. Könnte auch der tiefe Kollege übernehmen. Der Anfang des Gliere Konzertes wäre sehr problematisch. Das Andere war nur Korrektur zu Peters Meldung.
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Re: Französisches System

Beitragvon Altcorno » Mo 11. Mai 2009, 21:08

Prof hat geschrieben:Mitnichten, auf dem Foto aus dem Hause Alexander Mainz, das auch auf dem Umschlag der von mir veröffentlichten DVD mit Dennis Brain zu sehen ist, sehe ich aber nur ein zuschalbares Quartventil, das im abgeschalteten Zustand als Stopfventil dient. Diese Sonderventile werden oft als Trigger bezeichnet. Ein Trigger ist aber ein während des Spielens zu betätigender Gleitzug zum Stimmungsausgleich bestimmter Töne


Möglicherweise unterliege ich einem Irrtum - oder Morley-Pegge schreibt Unsinn.

Der Unterschied zwischen Kompensationsventil und Trigger ist mir schon klar. Wenn ich das Quartventil verwende, brauche ich eigentlich noch eine zusätzliche Korrektur. Also zusäzlich zu dem Quartventil einen Trigger und nicht entweder oder. (Bitte einmal für einen Augenblick F-Seite und Handdämpfung außeracht lassen) So ist es bspw. bei der Trompete: 3. Ventil plus Trigger, wobei die Länge des Auszugs davon abhängt, ob ich in Kombination von 1/3 oder 1/2/3 greife.

Bitte mal diese Seite ansehen:
http://www.rjmartz.com/horns/RMPviii1/

Auf dem Foto haben wir es mit einem Korrekturventil zu tun, bei dem der Zug aus mehren Teilen, die angesteckt werden können, besteht.

Der Text dazu ist aber nicht stimmig:

"Single B-flat horn with a long variable slide to the thumb valve. This valve can be tuned to lower the pitch to any extent from a semitone to a fourth. String action valves. Marked: C. F. SCHMIDT. Grossherzogl Säch: Hof-Instrumentenmacher BERLIN S.W.19. Früher WEIMAR."

"various extents" statt "any extent" wäre dann wohl richtiger gewesen.

Zusatzfrage: Dennis Brain verwendet in seinem Film zu op 17 zwei verschiedene Züge am Daumenventil: Was hat es damit auf sich?
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Re: Französisches System

Beitragvon Prof » Di 12. Mai 2009, 09:00

Dennis Brain verwendet an seinem Alex nicht nur zwei verschieden gestaltete Quart-Züge (ein mehrfach "gefalteter Zug, quasi ein Stopfventilzug mit einer mit einem Stellventil zuschaltbaren Quartverlängerung, bzw. den etwas wirre gestalteten Quartzug bei der Sonate), er war auch zwischen dem "Vorspann" und der eigentlichen Sonate beim Instrumentenmacher, um die entsetzlichen Beulen am Schallstück "ausdengeln" zu lassen.

Er nimmt das "g" immer mit dem Quartventil und das ganz tiefe "G" gleichfalls, aber als mit Ansatz und rechter Hand hinunter gezogenen Ton. Die etwas veränderte Klangfarbe ist gut zu hören.

Übrigens: diese DVD gibt es noch immer bei mir.
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Re: Französisches System

Beitragvon Martin2 » Di 12. Mai 2009, 19:19

Es gibt Zufälle, die gibts normalerweise nicht! Als ich eben den Briefkasten leerte, lag darin die neueste Ausgabe des "Horn Call" und was sehe ich da?! Einen von einem Franzosen verfaßten Artikel über das B-Horn mit C-Ascendenzventil, Stopfventil und/oder F-Schleife. Der Artikel ist sehr akribisch und beleuchtet selbst die kleinsten Details, was Intonationsreinheit mit den verschiedensten Griffkombinationen, Rohrlängen, etc. angeht (z.B. die Vorteile des C-Ventils gegenüber dem hoch F- (Es-) Horn). Titel des Artikels: "Ein deutsches Horn mit französischem Ventil". Er geht auch auf das von Brain verwendete Horn ein. Wer die Möglichkeit besitzt, den Artikel zu lesen, sollte es tun!
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Re: Französisches System

Beitragvon Peter » Do 14. Mai 2009, 16:03

liebe Hornfreunde,
ich möchte hier kurz die Historie des franz. Systems aufzeigen:
In Frankreich hat man parallel zu den ersten Ventilhörnern am längsten auf Naturhörner gespielt. Als zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Ventile erfunden und in Inventions-Hörnern eingebaut wurden, konnten diese sich zunächst nur schwer durchsetzen (am ehesten in der Unterhaltungsmusik oder bei Schumann, der das Ventilhorn bevorzugte). Man benutzte die Ventile anfangs nur zum schnellen Umstimmen (statt des umständlichen Bogenwechsels = omnitonische Horntechnik). Als man aber begann Ventilhörnern so zu gebrauchen, wie wir das heute kennen - also das Spielen mit ständigen Wechsel der Ventil-Griff-Positionen - , lehnten sich viele Komponisten und Musiker dagegen auf. Berlioz schlug sogar vor, das Ventilhorn als ein neues, gesondertes - weil anders klingend - Instrument zu behandeln. Der Klang war eben nicht mehr so nuancen- und fassettenreich, sondern direkter und prosaischer. Brahms nannte gar Ventilhörner verächtlich “Blechbratschen”. In Frankreich wurde das Inventionshorn parallel zum Ventilhorn am längsten gespielt. Ravel’s Pavane in der Orchesterfassung von 1910 ist das letzte Beispiel einer Komposition für ein Naturhorn in G (cor simple). Es wurde sogar Ende des 19. Jahrhunderts (1891) in Frankreich eine Konferenz abgehalten um über die Frage Ventilhorn versus Naturhorn abzustimmen. Erstaunlicherweise ging diese Abstimmung knapp zu Gunsten des Naturhornes aus. Erst ab 1903 wurde der Naturhornunterricht am Pariser Conservatoire eingestellt.

Die Franzosen hatten 2 Horn-Typen: Das Orchesterhorn war (mit kurzem Stift) in C-alto und konnte mit (Vorschalt)Bögen und Kupplern bis G-basso runter gestimmt werden. Diese Hörner benötigten einen riesigen Bogensatz, was Solisten zu umständlich war.

Für Solisten baute man das sog. Cor-solo. Ein Horn in G mit Einschubbögen in F, E, ES und D (weil diese die gebräuchliche Stimmungen für Solo-Stücke war) Daraus entstand Ende des 19.Jahrhunderts ein 3-ventiliges G-Horn. Das 3. Ventil wurde jedoch umgekehrt geschaltet. Jetzt hatte man ein F-Horn, welches man mit dem 3. Ventil auf G stimmen konnte. Das erste und zweite Ventil wurde auf das F-Horn justiert (G=3;F= 0; E=2;ES=1;D=1/2 daher: Jede Kombination mit dem 3.V. ist zu tief). Leider fehlt bei diesem Horn das kleine es und alle Töne unterhalb des A. Dieses Problem lösten die damaligen Hornisten, in dem man in den Vorschaltbogen (G-Bogen) ein Ventil (mit dem Daumen zu bedienen) mit variablen Längen einbauten.

Diese Instrument wurden bis Ende der 30.ger Jahre in Frankreich benutzt. Erst mit dem ersten franz. Doppelhorn ( Kompensationsprinzip, französisches System (3. Ventil einen Ganzton aufwärts), abschraubbarer Schall Qte suprè Jerôme Thibouville-Lamy de musique de Paris et de l‘armee Fournisseur du Conservertoire national breveté S.d.g.d.; 68 bis rue Rèaumur, Paris A.E. ; Systéme Vuillermoz; Modell 1925 Louis Vuillermoz ) - ging man zum Doppelhorn über (Vuillermoz, Devemy, Thevet usw.) Das große AS blieb allerdings immer noch ein Problem, welches dann nur mit der Hand im Schalltricher gelöst werden konnte. Dies Hörner waren extrem gut, aber sie hatten die alte Raoux-Mensur, die heute nicht mehr gefragt ist.

Hoffentlich hat dieser lange Exkurs das Verständnis für das franz. System gebracht.
Danke für die Geduld.
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Re: Französisches System

Beitragvon Prof » Do 14. Mai 2009, 17:10

Lieber Peter !
Du schriebst, daß das frz.Naturhorn in c-alto stand (die bessere Bezeichnung wäre einfach in "c", da gleich der Violine) und mit Bogen bis G-basso heruntergestimmt werden konnte ? Wohl doch eher bis C-basso (hier stimmt die Bezeichnung, da das Horn dann eine OKtave tiefer steht als die Violine.), später dann mit dem Zusatzbogen (reine große B-Bogen, diese Ungetüme, kenne ich nur in zwei Exemplaren ) bis B-basso (besser als B-grave zu bezeichnen, da "b" - unser b-alto -, bereits im Verhältnis zur Violine "basso" wäre.). Was sollten aber noch Stimmungen darunter ? Natürlich geht das mit Zwischenstücken (Adapter) und dem größten Bogen. Wie ist es dann mit der Ansprache der Töne und wozu sollte das denn dienen ?
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